Die Regierung verspricht Fortschritte im Beschäftigungsfahrplan, doch die Realität auf dem Arbeitsmarkt bleibt angespannt. Ein Jahr vor der Parlamentswahl steigt der Druck auf die Regierung
Rabat – Inmitten anhaltend hoher Arbeitslosenzahlen hat Marokkos Regierungschef Aziz Akhannouch am gestrigen Mittwoch (23. April 2025) in Rabat eine Arbeitssitzung zur Umsetzung des Fahrplans für den Arbeitsmarkt geleitet. Ziel des Treffens war es, den Fortschritt der im Februar angekündigten Maßnahmen zu evaluieren. Laut offiziellen Angaben der Regierung ist Beschäftigung „eine Priorität“, doch angesichts der aktuellen Arbeitsmarktlage stellt sich die Frage, ob die Maßnahmen auch Wirkung zeigen – oder lediglich politisch verwaltet werden. Eine wichtige Frage nur ein Jahr vor der nächsten Parlamentswahl in Marokko.
Die Sitzung fand unter Beteiligung mehrerer Minister statt, darunter Vertreter der Ressorts für Wirtschaft, Arbeit, Industrie und Handel. Vorgestellt wurden dabei organisatorische Strukturen wie ein Lenkungsausschuss sowie ein Ministerausschuss für Beschäftigung, die die Koordination und Überwachung des Fahrplans sicherstellen sollen.
Ein 15-Milliarden-Dirham-Plan – viel Geld zur Ankurbelung der Beschäftigung
Die Regierung betont, dass sie 15 Milliarden marokkanische Dirham (rund 1,35 Milliarden Euro) für die Beschäftigungsförderung bereitgestellt habe. Konkrete Ergebnisse oder bereits erreichte Beschäftigungsziele wurden in oder nach der aktuellen Sitzung jedoch nicht genannt. Zwar verwies der zuständige Minister für wirtschaftliche Inklusion, Younes Sekkouri, auf die Notwendigkeit, Investitionen gezielt in arbeitsplatzschaffende Maßnahmen zu lenken, doch bleiben viele Fragen zur praktischen Umsetzung offen – insbesondere angesichts der Tatsache, dass die Arbeitslosenquote laut IWF 2024 bei über 13 Prozent gelegen hat und erst zum Ende des Jahres 2025 leicht auf unter 13 Prozent sinken soll.
Minister Sekkouri sprach von einem „Paradigmenwechsel“, wonach „jedes produktive Ministerium“ nun befugt sei, eigene beschäftigungsrelevante Maßnahmen umzusetzen. Doch auch hier bleibt unklar, wie diese Kompetenzen konkret ausgestaltet und abgestimmt werden – und wie sie tatsächlich zur Schaffung nachhaltiger Arbeitsplätze, insbesondere für junge Menschen, beitragen sollen.
Bürokratieabbau als Engpass – Finanzierung bleibt kritisch
Im Verlauf der Sitzung wurde mehrfach betont, dass Genehmigungen und administrative Verfahren ein erhebliches Hindernis für die Realisierung von Investitionsprojekten darstellen. Diese seien jedoch entscheidend, wenn aus Investitionen reale Arbeitsplätze entstehen sollen. Der Fokus auf Bürokratieabbau ist zwar grundsätzlich richtig – doch stellt sich die Frage, warum solche strukturellen Hemmnisse nicht längst behoben wurden, zumal sie bereits in früheren Programmen als Problem benannt wurden.
Auch das Thema Finanzierung kleiner und mittlerer Unternehmen (KMU) wurde angesprochen. Laut Sekkouri sei hierbei eine Reihe von Problemen identifiziert worden – erneut ein Hinweis auf die bestehende Diskrepanz zwischen Strategiepapieren und Umsetzungspraxis.
Industrieminister – „Alle Ministerien sind involviert“
Industrie- und Handelsminister Ryad Mezzour sprach laut der staatlichen Nachrichtenagentur MAP von einem „großen gemeinsamen Projekt“, das alle Ministerien einbeziehe. Der Fahrplan enthalte laut Minister Mezzour detaillierte Maßnahmen und konkrete Zielvorgaben – doch auch hier bleibt die Transparenz über tatsächliche Fortschritte vage. Zwar wurde die Relevanz schneller Umsetzung und regelmäßiger Evaluation betont, doch angesichts der wirtschaftlichen Realität im Land wird es zunehmend schwierig, allein durch Ankündigungen Vertrauen zu schaffen.
Laut offiziellen Daten hat sich die Arbeitslosigkeit unter jungen Menschen und Hochschulabsolventen in den letzten Jahren weiter verschärft. Zudem sind insbesondere ländliche Regionen von einer systematischen Unterbeschäftigung betroffen – ein Problem, das sich nicht allein mit Förderbudgets und Kommissionsarbeit lösen lässt.
Die marokkanische Regierung betont ihre Bemühungen zur Verbesserung des Arbeitsmarkts mit einem umfangreichen Fahrplan und hohen Investitionen. Doch trotz organisatorischer Maßnahmen und politischer Willensbekundungen bleibt die Diskrepanz zwischen Anspruch und Wirklichkeit groß. Die anhaltend hohe Arbeitslosenquote, bestätigt durch internationale Institutionen wie den IWF, wirft Zweifel an der Wirksamkeit bisheriger Programme auf. Eine kritische Bilanz und mehr Transparenz in der Umsetzung sind notwendig, um das Vertrauen der Bevölkerung in die Beschäftigungspolitik wiederherzustellen – und reale Perspektiven für Arbeitssuchende zu schaffen.
Marokko – IWF erwartet stabiles Wirtschaftswachstum bis 2026