Präsident Macron und Präsident Tebboune vereinbaren Wiederaufnahme der Zusammenarbeit – Streit um Boualem Sansal belastet das Verhältnis weiterhin
Algier / Paris – Die diplomatischen Beziehungen zwischen Algerien und Frankreich haben in den vergangenen Monaten erhebliche Spannungen erlebt. Neben geopolitischen Differenzen, insbesondere der französischen Anerkennung des marokkanischen Hoheitsanspruchs auf die Westsahara, sorgt die Inhaftierung des regimekritischen Schriftstellers Boualem Sansal in Algerien für Kontroversen. Trotz dieser Differenzen haben sich die Präsidenten beider Länder in einem ausführlichen Telefongespräch auf eine Wiederaufnahme der bilateralen Zusammenarbeit verständigt.
Neustart der Kooperation trotz schwieriger Vergangenheit
In einer Pressemitteilung des algerischen Präsidialamtes heißt es, dass Präsident Abdelmadjid Tebboune am Montag einen Telefonanruf seines französischen Amtskollegen Emmanuel Macron erhalten habe. Dabei habe Macron „Präsident Tebboune und dem algerischen Volk seine besten Wünsche für Erfolg und Wohlstand anlässlich des Eid al-Fitr, dem Ende des Fastenmonats Ramadan, übermitteln“ wollen.
Das Gespräch diente jedoch nicht nur dem formellen Austausch von Höflichkeiten. Die beiden Staatschefs diskutierten ausführlich über die diplomatischen Spannungen der letzten Monate und die Zukunft der bilateralen Beziehungen. Beide bekräftigten laut der algerischen Präsidialmitteilung „ihren Wunsch, den fruchtbaren Dialog zu erneuern, den sie mit der Erklärung von Algier vom August 2022 begonnen hatten.“
In der Erklärung des Élysée-Palastes wird dieser Punkt ebenfalls betont. Dort heißt es, dass Macron und Tebboune „ihre unerschütterliche Entschlossenheit ausdrückten, die Erinnerungsarbeit im Geiste der Beschwichtigung, Versöhnung und des Wiederaufbaus der Beziehungen fortzusetzen.“ Die französisch-algerische Historikerkommission, die mit der Aufarbeitung der kolonialen Vergangenheit beider Länder beauftragt wurde, soll daher „unverzüglich ihre Arbeit wieder aufnehmen“ und ihre Schlussfolgerungen „vor dem Sommer 2025 den beiden Staatschefs vorlegen.“
Algerien – Gesetz zur Kriminalisierung der Kolonialzeit nimmt Form an
Neben historischen Fragen sprachen sich die Präsidenten auch für eine engere Zusammenarbeit in aktuellen sicherheits- und migrationspolitischen Themen aus. Laut algerischer Pressemitteilung „einigten sich die beiden Präsidenten darauf, die Sicherheitszusammenarbeit unverzüglich wieder aufzunehmen.“ Zudem soll die Migrationspolitik künftig mit einer „Ergebnislogik, die den Anliegen beider Länder Rechnung trägt“, neu aufgesetzt werden.
Ein weiteres zentrales Thema war die wirtschaftliche Kooperation. Die französische Erklärung hebt hervor, dass beide Seiten „die Bedeutung der wirtschaftlichen Zusammenarbeit zwischen beiden Ländern in den Zukunftsbereichen“ betonten und sich verpflichteten, „an der Stärkung von Handel und Investitionen zu arbeiten.“ Präsident Macron erklärte darüber hinaus, dass Frankreich „die Überarbeitung des Assoziierungsabkommens zwischen der Europäischen Union und Algerien“ unterstütze.
Fall Boualem Sansal bleibt Streitpunkt
Trotz der zahlreichen Anzeichen für eine Annäherung bleibt der Fall Boualem Sansal eine erhebliche Belastung für die diplomatischen Beziehungen. Der algerisch-französische Schriftsteller wurde in Algier festgenommen und kürzlich zu fünf Jahren Haft verurteilt. Frankreich drängt auf eine humanitäre Lösung.
Laut Élysée-Palast forderte Präsident Macron „angesichts des Alters und des Gesundheitszustands des Schriftstellers eine Geste der Gnade und Menschlichkeit gegenüber Herrn Boualem Sansal.“ Eine konkrete Antwort aus Algier steht jedoch weiterhin aus.
Algerien – Schriftsteller Boualem Sansal zu fünf Jahren Haft verurteilt
Nächste Schritte bereits vereinbart – Ministerbesuche und Gipfeltreffen geplant
Um den Dialog weiter zu intensivieren, wird der französische Außenminister Jean-Noël Barrot am 6. April nach Algier reisen. Laut der Mitteilung des Élysée-Palastes soll dieser Besuch „die Gelegenheit bieten, dieses ehrgeizige Arbeitsprogramm im Detail zu besprechen und seine operativen Modalitäten sowie den Zeitplan für die Umsetzung darzulegen.“
Zudem haben sich Macron und Tebboune laut der algerischen Pressemitteilung auf das „Prinzip eines künftigen Treffens“ geeinigt. Der genaue Zeitpunkt dieses Gipfels bleibt jedoch offen.
Annäherung mit Hindernissen
Die jüngsten Entwicklungen zeigen, dass sowohl Paris als auch Algier an einer Verbesserung ihrer Beziehungen interessiert sind. Die vereinbarten Maßnahmen – von der Sicherheits- und Wirtschaftszusammenarbeit bis hin zur Migrationspolitik – sind ein Zeichen für eine vorsichtige Annäherung.
Jedoch bleibt der Fall Boualem Sansal ein erheblicher Stolperstein. Während Frankreich eine diplomatische Lösung anstrebt, hält sich die algerische Führung mit Zugeständnissen bislang zurück.
Ob die Gespräche langfristig zu einer Stabilisierung der Beziehungen führen, wird sich erst in den kommenden Monaten zeigen. Sicher ist jedoch, dass beide Staaten angesichts geopolitischer Herausforderungen im Mittelmeerraum und in Nordafrika auf eine pragmatische Zusammenarbeit angewiesen sind.