Maroc Telecom und Inwi bündeln Kräfte zur gemeinsamen Entwicklung digitaler Infrastruktur – Investitionen in Milliardenhöhe geplant
Rabat – Die marokkanischen Telekommunikationsanbieter Maroc Telecom (IAM) und Inwi (Wana Corporate) haben am 26. Juni 2025 die offizielle Gründung zweier Gemeinschaftsunternehmen bekannt gegeben: Uni Fiber und Uni Tower. Ziel der Kooperation ist es, den flächendeckenden Ausbau von Glasfasernetzen (FTTH) und 5G-Infrastruktur im Königreich zu beschleunigen. Die Vereinbarung war bereits im März dieses Jahres angekündigt worden und wurde nun von der marokkanischen Telekommunikationsaufsicht ANRT genehmigt.
Ausbauziele und Investitionsvolumen
Uni Fiber wird für die Bereitstellung passiver Glasfaserinfrastruktur zuständig sein, insbesondere für Anschlüsse direkt bis in Haushalte (FTTH). Die Ausbauziele sind ambitioniert. Innerhalb von zwei Jahren sollen eine Million Anschlüsse, innerhalb von fünf Jahren drei Millionen Anschlüsse errichtet werden.
Uni Tower wird hingegen neue Mobilfunkmasten errichten und bestehende Türme modernisieren, um die Netzabdeckung – insbesondere für 5G – zu verbessern. Geplant sind 2.000 Türme innerhalb von drei Jahren sowie 6.000 Türme in einem Zehnjahreszeitraum.
Die beiden Joint Ventures planen in einer ersten Phase (drei Jahre) Investitionen in Höhe von 4,4 Milliarden marokkanischen Dirham MAD – umgerechnet rund 400 Millionen Euro.
Formell Offenheit für den Wettbewerb
In ihrer gemeinsamen Erklärung betonen Maroc Telecom und Inwi, dass die neue Infrastruktur allen autorisierten Betreibern offenstehen werde – unter strikter Einhaltung der geltenden Vorschriften sowie auf transparenter und diskriminierungsfreier Grundlage. Damit soll der Wettbewerb im Telekommunikationsmarkt erhalten bleiben und ein nachhaltiger Zugang für andere Anbieter gesichert werden.
Staat und Königshaus agieren im Hintergrund
Hinter den beiden Unternehmen stehen einflussreiche wirtschaftliche und politische Akteure:
- Maroc Telecom gehört mehrheitlich dem Emiratischen Telekom-Konzern Etisalat (rund 53 %). Der marokkanische Staat hält über das Finanzministerium und die staatliche Caisse de Dépôt et de Gestion (CDG) etwa 22–30 % der Anteile. Damit bleibt er ein strategisch bedeutender Anteilseigner.
- Inwi wird zu rund 50 % von der Al Mada Holding kontrolliert, einer Beteiligungsgesellschaft, die eng mit dem königlichen marokkanischen Haus verbunden ist. Die übrigen Anteile liegen bei der kuwaitischen Zain Group und anderen Partnern.
Diese Eigentümerstruktur führt zu einer de facto engen institutionellen Verbindung beider Partner zur marokkanischen Führung – was in einem regulierten Markt wie dem Telekommunikationssektor wettbewerbspolitische Fragen aufwirft.
Sorge um fairen Wettbewerb
Der Zusammenschluss von zwei der drei größten Anbieter auf dem Markt – Maroc Telecom (Marktführer) und Inwi (Nr. 3) – in einer gemeinsamen Infrastrukturplattform lässt Bedenken hinsichtlich der Marktneutralität aufkommen. Der dritte Anbieter, Orange Maroc (eine Tochter von France Telecom), beteiligt sich nicht an dem Vorhaben und könnte mittel- bis langfristig strukturell benachteiligt werden.
Zwar betonen IAM und Inwi, dass ihre Infrastrukturprojekte allen autorisierten Betreibern offenstehen, doch Fachleute verweisen auf die Gefahr indirekter Diskriminierung, etwa durch technische Zugangsbedingungen, Preisgestaltung oder priorisierte Verfügbarkeiten. Auch könnte sich der Anreiz für Orange verringern, selbst in Infrastruktur zu investieren, wenn zentrale Zugänge von Wettbewerbern kontrolliert werden, die zugleich eine enge Verbindung zur politischen Führung des Landes aufweisen.
Regulierungsbehörde unter Beobachtung
Die ANRT steht nun vor der Herausforderung, die Einhaltung der zugesagten Transparenz- und Gleichbehandlungsgrundsätze konsequent zu kontrollieren. Eine glaubwürdige, wirksame Aufsicht wird entscheidend sein, um sicherzustellen, dass die Marktöffnung nicht nur auf dem Papier existiert – und dass alle Teilnehmer unter fairen Wettbewerbsbedingungen agieren können. Andernfalls ist bereits jetzt zu erwarten, dass Orange, ähnlich wie es Inwi gegen die Maroc Telecom erfolgreich vorgemacht hat, juristisch gegen die Partner und vielleicht auch gegen die Regulierungsbehörde vorgeht.
Die infrastrukturelle Modernisierung ist ein wichtiges Ziel für Marokkos digitale Zukunft. Doch angesichts der politisch sensiblen Eigentümerverhältnisse ist ebenso entscheidend, wie unabhängig und gerecht der entstehende digitale Markt strukturiert wird.