Über 100 Änderungsvorschläge im neuen Bericht zur Modernisierung des Familiengesetzbuchs. König ruft Regierungschef, Minister und religiöse Rechtsgelehrte zusammen.
Casablanca – Am Montag, den 23. Dezember 2024, leitete König Mohammed VI. im Palast von Casablanca eine Sitzung zur Überarbeitung des marokkanischen Familienrechts bzw. -gesetzbuchs. Die Beratungen bei dieser Sitzung basierten auf einem Bericht, den ein eigens beauftragtes Gremium vorgelegt hatte. Dieser Bericht markiert den Abschluss seiner Mission und enthält mehr als 100 konkrete Vorschläge zur Modernisierung des marokkanischen Familienrechts.
Zusätzlich zur Berichterstattung des Gremiums hatte der König spezifische religiöse Fragen an den Obersten Ulema-Rat (Rat der islamischen Gemeinschaft und Rechtsgelehrten), dessen Vorsitzender der König selbst ist, verwiesen. Der Rat legte daraufhin ein Rechtsgutachten vor, das einige der vorgeschlagenen Änderungen bewertete.
Der Souverän betonte nach einer Erklärung des königlichen Kabinetts die Bedeutung einer ausgewogenen Reform, die den Prinzipien der Scharia entspricht und zugleich auf Gerechtigkeit und Fortschritt abzielt.
Transparenz und Einbindung von Experten
Während der Sitzung stellte Justizminister Abdellatif Ouahbi den methodischen Ansatz des Gremiums vor, darunter organisierte Anhörungen und Konsultationen mit relevanten Akteuren. Die Vorschläge zielen darauf ab, die Bedürfnisse moderner marokkanischer Familien zu berücksichtigen und rechtliche Probleme effektiver zu lösen.
Ahmed Toufiq, Minister für Stiftungen und islamische Angelegenheiten, präsentierte die Sichtweise des Obersten Ulema-Rats. Dieser hob die Lehren der marokkanischen Fiqh-Schule hervor, mit den religiösen Grundsätzen des Königreichs schariakonforme Lösungen zu finden. Besonders betont wurde der Grundsatz der Maslaha, der das Interesse der Gesellschaft in den Mittelpunkt stellt.
Um den Reformprozess voranzutreiben, forderte König Mohammed VI. den Ulema-Rat auf, seine Forschung zu vertiefen und innovative Antworten auf die Herausforderungen der modernen marokkanischen Familie zu entwickeln.
Ein moderner Rahmen für das Familiengesetzbuch
Der König betonte, dass die Reform transparent und innerhalb eines angemessenen Zeitrahmens erfolgen muss. Die Regierung wurde angewiesen, die Öffentlichkeit kontinuierlich über den Fortschritt zu informieren. Dabei sollen die neuen gesetzlichen Bestimmungen klar und verständlich formuliert werden, um gerichtliche Missverständnisse und Konflikte zu vermeiden.
Das Familiengesetzbuch, das vor zwanzig Jahren unter König Mohammed VI. eingeführt bzw. überarbeitet wurde, soll durch diese Reform an aktuelle gesellschaftliche, rechtliche und wirtschaftliche Anforderungen angepasst werden. Der Monarch erinnerte daran, dass die Grundsätze von Gerechtigkeit, Gleichheit und Solidarität zentral für den Überarbeitungsprozess sind. Diese Prinzipien sind sowohl in der Religion des Islam als auch in den internationalen Konventionen verankert, die Marokko ratifiziert hat.
Reformen im Dienste der marokkanischen Familie
Der Schutz der marokkanischen Familie, die als „Keimzelle der Gesellschaft“ bezeichnet wird, steht im Mittelpunkt der Initiative. König Mohammed VI. betonte, dass die Reform nicht eine Seite bevorzugen dürfe, sondern stets die Balance zwischen den Interessen der Familienmitglieder wahren müsse.
Darüber hinaus wies der König darauf hin, dass Sensibilisierungsprogramme bzw. Aufklärungskampagnen entwickelt werden müssen, um Bürgern einen besseren Zugang zu ihren Rechten und Pflichten zu ermöglichen. Gleichzeitig sollten Gesetze und Verordnungen im Licht der neuen Verfassungsbestimmungen aktualisiert werden.
Breite politische und gesellschaftliche Beteiligung
An der Sitzung nahmen hochrangige Regierungsvertreter teil, darunter Premierminister Aziz Akhannouch, Justizminister Abdellatif Ouahbi, Minister für Stiftungen und islamische Angelegenheiten Ahmed Toufiq sowie Naima Ben Yahia, Ministerin für Solidarität, soziale Integration und Familie.
Diese umfassende Reforminitiative unterstreicht den Wunsch des Königs, das marokkanische Familienrecht zu modernisieren, ohne dabei die religiösen, kulturellen und sozialen Grundlagen des Landes zu vernachlässigen. Mit den geplanten Änderungen wird die rechtliche, soziale und wirtschaftliche Stellung der Familie gestärkt und Marokkos Gesellschaft auf eine solide Basis für zukünftige Herausforderungen gestellt.