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Algerien – Macrons scharfe Kritik: „Das Algerien, das wir lieben, entehrt sich selbst“

Frankreichs veränderte Haltung und verschärft den Ton in Richtung Algier

Frankreichs Präsident Macron fordert Freilassung des inhaftierten Schriftstellers Boualem Sansal

Paris – Emmanuel Macron hat mit deutlichen Worten die anhaltende Inhaftierung des französisch-algerischen Schriftstellers Boualem Sansal durch die algerische Regierung kritisiert. Vor den französischen Botschaftern in Paris sprach der Präsident während eines Neujahrsempfang von einer „Selbstentehrung Algeriens“ und rief zur umgehenden Freilassung Sansals auf. Die Affäre um den Autor hat die ohnehin angespannte Beziehung zwischen Frankreich und Algerien weiter belastet.

Am Montag, dem 6. Januar, nahm Emmanuel Macron erstmals öffentlich Stellung zur Inhaftierung von Boualem Sansal, der Mitte November 2024 in Algier festgenommen wurde. Der französische Präsident bezeichnete die Situation als untragbar und kritisierte die algerische Regierung in ungewöhnlich scharfer Form. „Das Algerien, das wir so sehr lieben und mit dem wir so viele Kinder und Vergangenheit teilen, gerät in eine Geschichte, die es entehrt und verhindert, dass ein schwerkranker Mann behandelt wird“, sagte Macron vor den im Élysée-Palast versammelten Botschaftern.

Präsident Macron forderte die algerischen Behörden auf, Sansal unverzüglich freizulassen: „Wir, die wir das algerische Volk und seine Geschichte lieben, rufen die Regierung auf, Boualem Sansal freizulassen.“ Der 75-jährige Schriftsteller sitzt seit seiner Festnahme unter dem Vorwurf der Gefährdung der Staatssicherheit in Untersuchungshaft. Er leidet an schweren gesundheitlichen Problemen und wird seit Dezember auf einer Krankenstation betreut.

Hintergrund der Inhaftierung: Politische Spannungen und Meinungsäußerungen

Boualem Sansal, der 2024 die französische Staatsbürgerschaft erhielt, wurde am 16. November 2024 am Flughafen von Algier festgenommen. Hintergrund sind Äußerungen in französischen Medien, in denen er die territorialen Ansprüche Marokkos auf algerischem Territorium nicht ablehnte, sondern eine historische Legitimation beschrieb. Diese Aussagen stießen in Algier auf heftige Ablehnung. Die algerische Regierung sieht in ihnen eine Gefährdung der territorialen Integrität und verfolgt den Autor nach Artikel 87 des algerischen Strafgesetzbuchs, der terroristische und subversive Handlungen ahndet.

Die Verhaftung hat die ohnehin belasteten Beziehungen zwischen Frankreich und Algerien weiter verschärft. Bereits im Juli hatte Frankreichs Entscheidung, die marokkanische Souveränität über die Westsahara anzuerkennen, zu einer diplomatischen Krise geführt. Algerien zog daraufhin seinen Botschafter aus Paris ab.

Am 29. Dezember 2024 äußerte sich der algerische Präsident Abdelmadjid Tebboune erstmals zur Inhaftierung Sansals und bezeichnete ihn in beleidigenden Worten als „Dieb“ und „Bastard“. Diese Aussagen unterstreichen die tiefe Kluft zwischen den beiden Ländern.

Frankreichs veränderte Haltung

Anfangs hatten sich die französischen Behörden in der Affäre um Sansal zurückhaltend gezeigt. Innenminister Bruno Retailleau erklärte Ende November 2024: „Effizienz erfordert Diskretion.“ Auch Außenminister Jean-Noël Barrot betonte Frankreichs Engagement für die Meinungsfreiheit, übte jedoch Zurückhaltung in seinen Äußerungen. Mitte Dezember 2024 änderte sich die französische Strategie jedoch. Innenminister Retailleau drohte mit nicht näher benannten Maßnahmen gegen Algerien, sollte Sansal nicht freigelassen werden. Minister Barrot nannte die Inhaftierung „einfach inakzeptabel“.

Mit Macrons Rede vom gestrigen Montag hat die französische Regierung nun klar Stellung bezogen. Die Worte des Präsidenten könnten jedoch die Spannungen zwischen Paris und Algier weiter verschärfen. Die diplomatische Krise, die im Herbst 2021 nach Macrons Äußerungen zur Geschichte Algeriens ausbrach, ist bis heute nicht überwunden. Die Sansal-Affäre hat das fragile Verhältnis zusätzlich belastet.

Ob die scharfen Worte des französischen Präsidenten zu einer Freilassung führen, bleibt abzuwarten. Klar ist jedoch, dass der Fall Boualem Sansal zum Symbol der politischen und diplomatischen Verwerfungen zwischen Frankreich und Algerien geworden ist.

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