StartPolitikTunesien – Vertreter Europas zu Gesprächen in Tunesien.

Tunesien – Vertreter Europas zu Gesprächen in Tunesien.

Tunesien soll bei der Eindämmung der irregulären Migration in Richtung Europa helfen.

Beratungen über wirtschaftliche Stabilisierung Tunesiens und über Zusammenarbeit bei der Einschränkung der unregulierten Migration

Tunis – Erst vor kurzem gab die Europäische Kommission auf der eigenen Webseite bekannt, dass mehrere hochrangige Vertreter der EU und der Mitgliedstaaten nach Tunesien reisen würden. Bereits am heutigen Vormittag fand dann die Reise statt.

Der tunesische Präsident Kais Saied empfing heute (11. Juni 2023) erneut die italienische Premierministerin Giorgia Meloni, die erst in der vergangenen Woche das nordafrikanische Land besuchte, die Präsidentin der Europäischen Kommission Ursula von der Leyen und den Premierminister des Königreichs der Niederlande Mark Rutte in Tunis.

Offizieller Anlass sei, nach einer Erklärung der EU-Kommissionspräsidentin, die makroökonomische Unterstützung für Tunesien. In den Landesmedien wird vom „Marshallplan“ für das Land gesprochen, was etwas zu hoch gegriffen sein könnte. Aber augenscheinlich geht es, um finanzielle Hilfen zusätzlich oder unabhängig von den Verhandlungen Tunesien mit dem IWF.

Hilfen für das wirtschaftlich angeschlagene Land beruht auf mehreren Säulen.

Der Plan zur wirtschaftlichen Stabilisierung Tunesiens sieht mehrere Teile vor. In diesem Plan „erwägt die Europäische Kommission eine makrofinanzielle Hilfe, sobald die erforderliche Einigung erzielt wurde. Wir sind bereit, zu diesem Zweck bis zu 900 Millionen Euro zu mobilisieren. Und in der unmittelbaren Zukunft könnten wir weitere 150 Millionen Euro an Budgethilfe bereitstellen“, gab Frau Ursula Von Der Leyen bekannt.

Darüber hinaus will Europa in die digitale Infrastruktur investieren und Tunesien schneller oder bevorzugt an das sog. Medusa-Unterseekabel, dass eine Breitbandverbindung Europas mit 11 Mittelmeerländern schaffen soll, anschließen. Damit sollen Investitionen in den digitalen Sektor gefördert werden.

Die dritte Säule sollen Investitionen in erneuerbare Energien werden. Tunesien versuche, sein enormes Potenzial an erneuerbaren Energien zu nutzen, so die Präsidentin der EU-Kommission, und die Europäische Union EU brauche zuverlässige Lieferanten für saubere Energie. So müsse Europa in Infrastruktur investieren, damit Tunesien saubere Energie nach Europa exportieren könne. Ein wichtiger Schritt auf diesem Weg sei die ELMED-Verbindung, ein Untersee-Stromkabel, das Tunesien mit Italien verbinden soll. Die Europäische Union werde mehr als 300 Millionen Euro in die ELMED-Verbindungsleitung investieren.

Darüber hinaus wolle Europa mit Tunesien ein Investitionsforum abhalten, um mehr private Investitionen in den Sektor der erneuerbaren Energien in Tunesien, einschließlich Wasserstoff, zu fördern. All dies solle in einem Abkommen festgehalten werden. Ministerpräsidentin Meloni zufolge wäre es möglich, das angekündigte Memorandum noch vor der Sitzung des Europäischen Rates Ende Juni 2023 vorzulegen.

Tunesien soll bei der Eindämmung der irregulären Migration in Richtung Europa helfen.

Europa benötigt Partner für die Umsetzung der neuen Asyl- und Flüchtlingspolitik, die mehr Asylprüfungen unmittelbar an den Außengrenzen vorsieht und auch die schnelle Rückführung auch in die Länder anstrebet, aus denen die Migranten aufgebrochen sind. Derzeit fehlt der EU aber dazu das Einverständnis der Mittelmeerstaaten, von denen zahlreiche Migranten starten, die lediglich bereit sind, eigene Staatsbürger zurückzunehmen.

So formulierte die EU-Kommissionspräsidentin die vierte Säule der Kooperation. Es lege, nach Ansicht von Frau von der Leyen im gemeinsamen Interesse, das „zynische Geschäftsmodell der Schlepperei zu durchbrechen“. Daher werde Europa gemeinsam an einer operationellen Partnerschaft zur Bekämpfung des Schmuggels arbeiten.
Dieses Jahr werde die EU Tunesien 100 Millionen Euro für Grenzschutz, aber auch für Such- und Rettungsmaßnahmen, die Bekämpfung des Schmuggels und für Rückführungen zur Verfügung stellen. Ziel sei es, eine ganzheitliche Migrationspolitik zu unterstützen, die in der Achtung der Menschenrechte verankert sei.

Der tunesische Präsident hatte mehrfach und nochmals am gestrigen Samstag erklärt, dass sein Land nicht die Grenzpolizei für Europa spielen wolle.

Für ihn seien die Flüchtlinge „Opfer eines weltweiten Systems“, dass menschenverachtend nur profitorientiert handele.
Zugleich hat der Präsident Anfang des Jahres für internationale Aufmerksamkeit gesorgt, als er Flüchtlinge für die Instabilität und die schlechte wirtschaftliche Lage im Land mitverantwortlich machte, was Gewalt und Abschiebungen auslöste.

Ob der tunesische Präsident diese Position beibehalten kann, oder doch angesichts der versprochenen Summen sich ähnlich wie Marokko oder Libyen kooperativer zeigen wird, muss abgewartet werden.

Italiens rechte Regierung unter Ministerpräsidentin Meloni hat ein großes Interesse daran, dass Tunesien die Migranten über das Mittelmeer aufhält, hatte das Land doch den Migrationsnotstand ausgerufen, angesichts der höchsten Zahlen an irregulärer Migration in den letzten Monaten.

Daher setzt sich Italien beim IWF für die Freigabe des 1,9 Mrd. US-Dollar Kredites ein, der das Land wirtschaftlich stabilisieren soll. Der Vorstand des IWF hat den Kredit nicht freigegeben, da sich der tunesische Präsident weigert, die Bedingungen, deren Umsetzung nach seien Ansicht zu sozialen Unruhen führenden würden, anzunehmen.

Dabei kann vermutet werden, dass der tunesische Präsident gegenüber dem IWF hoch pokert, in der Hoffnung, dass die Furcht Europas vor einem kollabierenden Tunesien so groß ist, dass er Gelder oder einen Schuldenerlass erhalten werden und somit die Auflagen des IWF vermeiden kann.

Dieses heutige Treffen könnte ein Anzeichen dafür sein, dass der Plan aufgehen wird.

Tunesische Studenten erhalten Zugang zum Erasmus-Programm.

Die fünfte Säule, betreffe den sozialen Austausch. Angesichts der sehr jungen Bevölkerung in Tunesien sollen Kontakte zu jungen Menschen in Europa gefördert werden. Europa werden im Programm Erasmus+ ein Tunesien-Fenster im Wert von 10 Millionen Euro einrichten, um den Austausch von Studierenden zu unterstützen. Und Europa werde „Talentpartnerschaften“ einrichten, um jungen Tunesiern die Möglichkeit zu geben, in der EU zu studieren, zu arbeiten oder eine Ausbildung zu absolvieren. Sie sollen so neue Fähigkeiten entwickeln, die für die Modernisierung der tunesischen Wirtschaft von Nutzen sein könnten.

Tunesien – Meloni und Saïed wollen Migrationsgipfel organisieren.

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