Vor allem junge Menschen gingen nicht zur Präsidentschaftswahl und wandten sich so von Präsident Saied ab.
Tunis – Am Sonntag, dem 6. Oktober 2024, fanden in Tunesien die Präsidentschaftswahlen statt.
In Tunesien standen die Wählerinnen und Wähler vor der Entscheidung zwischen drei Präsidentschaftskandidaten. Die Wahlkampagne und die politischen Rahmenbedingungen deuteten darauf hin, dass der amtierende Präsident Kais Saied die besten Chancen auf eine Wiederwahl hatte. Die Wahllokale schlossen um 18:00 Uhr Ortszeit, und erste zuverlässige Ergebnisse werden erst in den kommenden Tagen erwartet. Bis dahin liegt der Fokus auf der Wahlbeteiligung, die nicht nur die Stimmungslage im Land widerspiegelt, sondern auch Rückschlüsse auf die Legitimität des nächsten Präsidenten zulässt.
Historisch niedrige Wahlbeteiligung
Die tunesische Wahlbehörde ISIE hat bereits erste Daten veröffentlicht: Demnach lag die landesweite Wahlbeteiligung bei nur 27,7 %. Von den 9,75 Millionen wahlberechtigten Tunesierinnen und Tunesiern im Inland stimmten lediglich 2,6 Millionen ab, was einer Wahlbeteiligung von 28,5 % entspricht.
Noch niedriger fiel die Beteiligung der im Ausland lebenden Staatsbürger aus – nur 16,3 % der 2,7 Millionen Wahlberechtigten gaben ihre Stimme ab. Bei den tunesischen Präsidentschaftswahlen 2019 lag die Wahlbeteiligung im ersten Wahlgang bei rund 49%. Im zweiten Wahlgang, bei dem Kais Saied schließlich gewann, betrug die Beteiligung etwa 55%.
Junge Generation resigniert
Auffällig ist vor allem der geringe Anteil junger Wählerinnen und Wähler. Bei den Präsidentschaftswahlen von 2019 hatten viele von ihnen Kais Saied noch massiv unterstützt, da dieser wirtschaftliche Reformen und einen entschlossenen Kampf gegen Korruption versprochen hatte. Doch fünf Jahre später ist die Ernüchterung groß: Junge Menschen, die die damaligen Hoffnungen trugen, blieben dieses Mal größtenteils der Wahl fern. Sie zeigten ihre Frustration über die eingeschränkte Auswahl an Kandidaten und die weiterhin angespannte Lage im Land durch ihre Abwesenheit.
Von den abgegebenen Stimmen kamen 58 % von Männern und 42 % von Frauen. Die meisten Wählerinnen und Wähler stammten aus der Altersgruppe der 36- bis 60-Jährigen, die 65 % der Stimmen stellten. Wählerinnen und Wähler über 60 machten 29 % der abgegebenen Stimmen aus. Der Anteil der unter 35-Jährigen lag hingegen bei nur 6 %.
Ausblick auf die Wahlergebnisse
Noch gibt es weder Prognosen noch Hochrechnungen zu den einzelnen Kandidaten oder ihrem Abschneiden. Doch die niedrige Wahlbeteiligung und insbesondere das Fernbleiben der jungen Wählerschaft werfen Fragen zur politischen Zukunft Tunesiens und zur Legitimität des künftigen Präsidenten auf. Ob Kais Saied weiterhin die Unterstützung des Volkes genießt, wird sich in den nächsten Tagen zeigen, wenn erste Wahlergebnisse veröffentlicht werden.
Tunesien – Präsidentschaftswahlen beginnen – Wahllokale öffnen ihre Türen