Regierungssprecher bekräftigt Versorgungssicherheit aber geht von Preisanstiegen für Produkte aus Weizen in Folge des russisch-ukrainischen Krieges aus. Reserven sollen für fünf Monate ausreichen.
Rabat – Der Druck auf die Kaufkraft der Marokkanerinnen und Marokkaner steigt nahezu täglich. Zwar bemüht sich die Regierung ebenfalls nahezu täglich darum zu belegen oder zumindest darzustellen, dass die stark angestiegenen Weltmarktpreise für Rohstoffe, Energieträger und Lebensmittel nur dann auf die Bürgerinnen und Bürger durchschlagen, wenn diese Produkte importiert werden, wobei alle anderen Güter, welche im Inland hergestellt werden, keine oder nur geringe Preissteigerungen aufweisen.
Doch so entkoppelt ist die Situation nicht und auch der Regierungssprecher räumte am vergangenen Donnerstag (10. März 2022) ein, dass die Menschen im Land sich auf weitere Preisanstiege einstellen müssen.
Denn für die Produktion auch von im Land selbst erzeugten Lebensmitteln, werden Vorprodukte aus dem Ausland benötigt, darunter vor allem Treibstoffe und Energieträger, aber auch Medikamente, Pestizide, Maschinen sowie teilweise Futtermittel.
Zugleich fragt das Ausland Güter in Marokko nach, darunter Gemüse, Obst und Fisch, aber auch Rohstoffe wie Phosphat und ist dabei auch in der Lage, höhere Preise zu bezahlen, was sich auch auf den inländischen Markt ausgewirkt hat.
So stiegen zuletzt die Preise für Tomaten und Speiseöle spürbar, aber auch Geflügel und Eier wurden teurer. Dies alles könnte den ohnehin erwarteten Preisanstieg vor und während des für Muslime heiligen Fastenmonat Ramadan (voraussichtlich ab dem 3. April 2022 in Marokko) nochmals verstärken.
Unsicherheit über Versorgungslage vor allem mit Weizen
Eine große Unsicherheit besteht seit dem Ausbruch der COVID-19 Pandemie und der Unterbrechung zahlreicher Lieferketten zur Frage der Versorgungssicherheit. Eines der in den letzten Jahren wichtigsten Importgüte im Lebensmittelbereich ist Weizen.
Jedes Jahr muss zur Versorgungssicherheit im Zeitraum April bis Oktober zusätzlich zum eigenen Ernteertrag Weizen importiert werden. Zu den wichtigsten Bezugsquellen weltweit gehören, Russland und die Ukraine.
Da Russland durch die Handelssanktionen als Weizenlieferant auf dem Weltmarkt voraussichtlich nur eingeschränkt agieren können wird, in der Ukraine Krieg herrscht, womit die Ernte gefährdet ist, steigt der Weltmarktpreis für Weizen durch die Nachfrage bei den verbleibenden Ländern. Zugleich sieht sich Marokko eine der schwersten Dürren der letzten 40 Jahre gegenüber, was erhebliche Folgen für den eigenen Weizenertrag und für den Importbedarf haben wird. Das aus Weizen hergestellte Mehl wird zudem in Marokko vom Staat subventioniert, was die Staatskassen weiter erheblich belasten wird.
Regierungssprecher sichert Versorgungssicherheit zu.
Der Staatssekretär im Büro des Regierungschefs, zuständig für die Beziehungen zum Parlament und zugleich Regierungssprecher, Mustapha Baitas, bekräftigte am vergangenen Donnerstag (10. März 2022) in Rabat erneut auf Nachfrage, dass die „russisch-ukrainische Krise“ keine Auswirkungen auf die Versorgung Marokkos mit bestimmten Produkten haben wird, die das Königreich im Rahmen seines Handels mit den beiden Ländern benötigen könnte.
Regierungssprecher Baitas, der sich in einem Pressebriefing nach der Sitzung des Regierungsrats äußerte, erklärte jedoch, dass die Preise für diese Produkte steigen würden.
Was die Einfuhr von Weichweizen und Gerste betrifft, so sind Russland und die Ukraine nach Frankreich die zweit- bzw. drittgrößten Weichweizenlieferanten Marokkos, wie der Minister mitteilte, wobei Russland 25 % und die Ukraine 11 % der Weichweizeneinfuhren bestreiten.
Der potenzielle Import von Weichweizen aus der Ukraine wurde auf 8,7 Millionen Doppelzentner (qx) festgelegt, wovon 5,6 Millionen qx bereits importiert wurden, während die restliche Menge (3 Millionen qx) aus jeder anderen Region importiert werden kann, so der Regierungssprecher.
In Bezug auf Russland erklärte der Staatssekretär, dass die Schätzungen für die Einfuhr von Weichweizen aufgrund der geringen Produktion in Russland erheblich gesenkt wurden.
In diesem Zusammenhang wurde die potenzielle Menge an Gerste, die aus Russland importiert werden könnte, auf 0,6 Mio. qx festgelegt, wovon 0,5 Mio. qx erworben wurden, während die restliche Menge (0,17 Mio. qx) aus der EU oder Frankreich importiert werden könnte, schloss Baitas.
Der Sprecher versicherte, dass die Vorräte für die Versorgung des Königreichs ausreichten, wies aber darauf hin, dass die Preise für Weizen und andere Lebensmittel bei unveränderten Umständen steigen könnten, sei es wegen fehlender Ressourcen oder weil eine neue Importquelle erschlossen werden müsse, die teurer sein könnte als die, für die sich das Land derzeit entscheide.
Vorräte reichen für 5 Monate.
Trotz des Versuches des Regierungssprechers die Befürchtungen einzudämmen, ist allen klar, dass sich Marokko, sowie fast alle Staaten Nordafrikas und des Nahen Ostens, sich hinsichtlich ihres Importbedarfs für Weizen nicht von der weltweiten politischen und wirtschaftlichen Situation entkoppeln können werden.
Der Präsident des nationalen marokkanischen Verbands der Mühlen bestätigte, dass die Weizenreserven Marokkos den Bedarf der nächsten fünf Monate decken würden und es daher keinen Grund zur Sorge gebe.
In einer Stellungnahme gegenüber dem Nachrichtenportal Le Site info sagte Abdelkader Alaoui weiterhin, dass Marokko zwischen November 2021 und Februar 2022 90% seines Getreides aus der Ukraine importiert habe. Folglich sei die aus diesem Land eingeführte Menge reichlich vorhanden.
Der Verbandvorsitzende fügte hinzu, dass Marokko nur 20% seines Getreides pro Jahr aus Russland und der Ukraine importiere. Er betonte, dass das Königreich seine Importquellen diversifiziere, indem es beispielsweise aus Deutschland, Frankreich, Kanada, Litauen, Argentinien und Brasilien importiere.
Marokko – UNO Ukraine-Resolution – Rabat gibt keine Stimme ab.