Prognosen des Hochkommissariats für Planung HCP deuten auf ein solides, wenn auch leicht abgeschwächtes Wirtschaftswachstum hin – Inflation bleibt moderat und Konsum zeigt sich robust.
Rabat – Nach einer Phase deutlicher Erholung seit Ende 2023 setzt sich das Wirtschaftswachstum Marokkos auch in der zweiten Jahreshälfte 2025 fort. Laut dem jüngsten Konjunkturbericht des Hochkommissariats für Planung (HCP) wird für das dritte Quartal ein Wachstum von 4,3 Prozent erwartet, während das vierte Quartal mit 4,7 Prozent prognostiziert wird (HCP, 2025).
Zwar liegt diese Dynamik unter dem Niveau des ersten Halbjahres – das HCP verzeichnete 5,5 Prozent Wachstum im zweiten Quartal und 4,8 Prozent im ersten Quartal –, doch signalisiert sie weiterhin eine robuste wirtschaftliche Aktivität. Entscheidend für die Entwicklung bleibt die stabile Leistung der industriellen und dienstleistungsorientierten Sektoren, während die Landwirtschaft, also der primäre Sektor, laut HCP eine leichte Beschleunigung verzeichnet.
Internationale Rahmenbedingungen beeinflussen Wachstumsdynamik
Nach Angaben des HCP ist die leichte Abschwächung der Wachstumsrate im dritten Quartal in erster Linie auf ein „ungünstigeres internationales Umfeld“ zurückzuführen. Das betrifft vor allem die Exportmärkte in Europa und Nordamerika, die weiterhin mit den Nachwirkungen geldpolitischer Straffungen und geopolitischer Unsicherheiten zu kämpfen haben.
Für das vierte Quartal rechnet die Behörde jedoch mit einer schrittweisen Verbesserung der Auslandsnachfrage, insbesondere aufgrund der erwarteten Zinssenkungen in Europa und den USA, die Investitionen und Konsum anregen könnten. Damit könnte die marokkanische Exportwirtschaft – etwa in den Bereichen Automobil, Phosphat und Textilien – wieder stärker von der internationalen Nachfrage profitieren.
Starke Binnennachfrage als stabilisierender Faktor
Trotz der äußeren Unsicherheiten bleibt die Binnennachfrage ein zentraler Wachstumstreiber. Das HCP betont, dass die positiven Faktoren, die bereits in den ersten Quartalen 2025 wirkten, auch in der zweiten Jahreshälfte Bestand haben dürften. Dazu zählen Lohnerhöhungen im öffentlichen und privaten Sektor, gezielte Steuererleichterungen und die allmähliche Verbesserung der Kaufkraft der Haushalte.
Der private Konsum profitiert zudem von einer stabilen Inflationslage: Das Hochkommissariat erwartet eine unterliegende Inflation von unter 2 Prozent im dritten und vierten Quartal. Diese moderate Preisentwicklung trägt zur Planungssicherheit für Verbraucher und Unternehmen bei und unterstützt die Investitionsbereitschaft.
Wachstum mit Augenmaß
Die marokkanische Wirtschaft zeigt sich damit im Jahr 2025 widerstandsfähig, auch wenn der kräftige Aufschwung des Vorjahres einem stabileren, aber gemäßigten Wachstum weicht. Das HCP rechnet mit einer Jahresrate von 4,3 bis 4,7 Prozent, was im regionalen Vergleich ein überdurchschnittliches Ergebnis darstellt.
Gleichzeitig mahnen Beobachter, dass das Land mittelfristig stärker auf strukturelle Reformen setzen müsse, um die Produktivität zu steigern und die Abhängigkeit von klimatisch bedingten Schwankungen in der Landwirtschaft zu verringern. Die Fortsetzung der öffentlichen Investitionen in Infrastruktur und Bildung gilt daher als entscheidend, um die Wettbewerbsfähigkeit zu sichern.
Zwischen globalen Einflüssen und nationaler Stabilität
Insgesamt zeigt der Konjunkturausblick, dass Marokko auch in einem herausfordernden internationalen Umfeld auf soliden wirtschaftlichen Fundamenten steht. Während die externe Nachfrage und weltwirtschaftliche Bedingungen kurzfristige Schwankungen verursachen, sorgt die anhaltende Binnenstärke für Kontinuität im Wachstum.
Mit einer moderaten Inflation, robustem Konsum und positiven Aussichten für die zweite Jahreshälfte 2025 dürfte die marokkanische Wirtschaft weiterhin einen ausgeglichenen Kurs zwischen Stabilität und Anpassungsfähigkeit verfolgen – eine Voraussetzung, um den begonnenen Aufschwung in nachhaltiges Wachstum zu überführen.
