Justizminister legt Gesetzesentwurf vor, um Strafanstalten und Gerichte zu entlasten. Erste Änderungen sollen Weg zur Reform des Strafrechts aufzeigen.
Rabat – In seiner letzten Sitzung am vergangenen Donnerstag (8. Juni 2023) in Rabat hat der Regierungsrat die von Justizminister Abdellatif Ouahbi vorgelegte Neufassung des Gesetzentwurfs Nr. 43.22 über „alternative Strafen“ angenommen. Alternative Strafen sollen für Marokko ein vielversprechender Weg sein, das Justizsystem zu reformieren und humaner zu gestalten.
Der Gesetzesentwurf solle den internationalen Entwicklungen im Bereich der Rechte und Freiheiten Rechnung tragen und Alternativen zu kurzen Freiheitsstrafen einführen.
Die sog. alternativen Strafen sollen die negativen Folgen der Inhaftierung mildern bzw. eine bessere Integration der Betroffenen in die Gesellschaft ermöglichen. Außerdem tragen sie dazu bei, die Überbelegung der Gefängnisse zu verringern und dem Staat Kosten zu ersparen. Dies erklärte Mustapha Baitas, Staatsminister für die Beziehungen zum Parlament und Regierungssprecher, bei der Pressekonferenz nach der Sitzung des Regierungsrates, unter der Führung von Premierminister Aziz Akhannouch.
Neue Regelungen berücksichtigen Ergebnisse von Studien.
Der Gesetzentwurf enthalte sowohl objektive Bestimmungen, die den allgemeinen Grundsätzen der Strafprozessordnung entsprechen, als auch formelle Bestimmungen über den Strafvollzug, die den Vorschriften der Strafprozessordnung folgen, teilte er mit.
Der Regierungssprecher erläuterte weiter, dass der Gesetzentwurf mehrere alternative Strafen vorsehe, die unter Berücksichtigung einer Reihe früherer vergleichender Studien angenommen worden seien. Sie würden die Besonderheiten der marokkanischen Gesellschaft berücksichtigen und könnten daher wirksam angewendet werden. Er wies auch darauf hin, dass dieser Gesetzesentwurf alternative Strafen für schwere Straftaten und Wiederholungstäter ausschließe.
Richter können drei neue Strafen erlassen und die Haft vermeiden.
Regierungssprecher Baitas erläuterte weiter, dass der Gesetzesentwurf den Richtern künftig die Möglichkeit gebe, neben der Freiheitsstrafe drei Arten von alternativen Sanktionen zu verhängen. Dabei handele es sich um gemeinnützige Arbeit, elektronische Überwachung (Fußfessel) und die Einschränkung bestimmter Rechte durch Hausarrest.
Die Einführung alternativer Strafen ist ein wichtiger Schritt zur Modernisierung des marokkanischen Strafrechts, das noch auf dem französischen Kolonialmodell beruht.
Die erste kleine Modernisierung stehe auch im Einklang mit den Anweisungen des Königs, das Rechtssystem zu reformieren und eine neue Strafrechtspolitik zu entwickeln, die mehr auf Prävention, Erziehung und soziale Integration als auf Repression und Vergeltung ausgerichtet sein soll.