Cousin von König Mohammed VI. betont das Recht der Palästinenser auf einen eigenen Staat, fordert Deeskalation und eine politische Lösung für den Nahost-Konflikt. Zwei-Staaten-Lösung nicht mehr tragbar.
Rabat – Marokkos Position im Kontext des Gewaltausbruchs zwischen Palästinensern und Israelis wurde durch eine offizielle Erklärung des Außenministeriums bekanntgegeben.
Danach bringe man seine „tiefe Besorgnis über die Verschlechterung der Lage und den Beginn der Militäraktionen im Gazastreifen zum Ausdruck und verurteilt die Angriffe auf Zivilisten, unabhängig von ihrer Nationalität“. So hieß es in einem offiziellen Kommuniqué des marokkanischen Außenministeriums vom vergangenen Samstag.
Zugleich forderte Rabat ein Ende der Gewalt und erinnerte daran, dass man wiederholt auf ein wachsendes Eskalationsrisiko in den letzten Monaten hingewiesen hatte.
Das hat Marokko tatsächlich, als es wiederholt die militärischen Aktionen der Israelis in den Flüchtlingslagern von Jinin oder im Westjordanland sowie die Übergriffe auf die für Muslime heiligen Stätten in Jerusalem verurteilt hatte.
Zugleich ging es hinter den Kulissen hoch her. Marokko steht politisch zwischen den Fronten.
Zum einen ist das nordafrikanische Königreich ein wichtiger Verbündeter der Palästinenser, vor allem der Autonomiebehörde im Westjordanland, und hat die sog. Palestines-Frage zur Nationalen Angelegenheit erklärt, was auch weite Teile der Bevölkerung gleichermaßen so sehen.
Der marokkanische König Mohammed VI. ist Vorsitzender des Al-Quds Komitees, einer Unterorganisation der Organisation der Islamischen Staaten, und in dieser Rolle damit beauftrag, sich für einen freien Zugang zur auch für Muslime und Christen heiligen Stadt Jerusalem (arab. Al-Quds) einzusetzen. Es gibt auch Verbindungen zwischen der islam-konservativen und ehemaligen marokkanischen Regierungspartei PJD zur Führung der Hamas, deren Ideologien auf die der Muslimbruderschaft zurückzuführen ist.
Zum anderen haben Israel und Marokko seit Ende 2020 und nach der Unterzeichnung des von den USA vermittelten Abraham-Abkommens einen gerade für das Königreich vorteilhaften Normalisierungsprozess eingeleitet, für den es in der eigenen Bevölkerung nicht nur Zustimmung gibt und der auch zu teils heftigen Angriffen aus der arabisch / islamischen Welt geführt hat, allen voran von Seiten des Dauerrivale Algerien aber auch aus Tunesien.
Trotz allem ist die Haltung Pro-Palästinensisch, was sich zuletzt darin zeigte, dass Marokko der Bitte Washingtons nicht nachgekommen ist, die Angriffe der Hamas generell zu verurteilen, ohne dass man dadurch in Rabat die von der Hamas aus dem Gazastreifen eingesetzten Mittel legitimieren will. Im Gegenteil, die Sorge gegenüber der Zivilbevölkerung ist groß.
Prinz Hicham kommentiert die Situation zwischen Palästinenser und Israelis
Moulay Hicham, der promovierte Politologe und Cousin von König Mohammed VI. von Marokko, kommentierte die aktuellen Ereignisse im Nahen Osten. Der in Marokko und den USA lebende Politologe, der zwar Mitglied der Königsfamilie ist, aber keine Rolle in der offiziellen Politik des Landes einnimmt und nie das Königshaus offiziell vertritt, schrieb auf seinem eigenen Kanal auf X (Twitter):
„Einmal mehr bestätigen die Ereignisse vom 7. Oktober die Entschlossenheit des palästinensischen Volkes zu überleben, seine Entschlossenheit, nicht unterzugehen wie es den Ureinwohnern Amerikas passiert ist.
Mit begrenzten Fähigkeiten und immenser Entschlossenheit haben sie die ‚Politik der Abschreckung‘ und den Mythos der Unbesiegbarkeit der israelischen Armee untergraben“.
Weiter merkt er an, dass auch wenn er der Ansicht ist, dass „diese Ereignisse eine klare Haltung unsererseits erfordern, da Widerstand gegen eine Besatzungsarmee ein verbrieftes Recht ist“, stellt er jedoch fest, dass „das Töten und Festhalten unschuldiger Menschen, unabhängig von ihrer Identität, eine Verletzung des Völkerrechts darstellt und moralisch verwerflich ist“. Daher fordert er die Hamas auf, „sofort und ohne Vorbedingung die Zivilisten freizulassen“
Doppelmoral in der internationalen Gemeinschaft werde offenbart.
Laut dem Cousin von König Mohammed VI. offenbaren diese Ereignisse „auch die Doppelmoral, die seit Jahrzehnten in der internationalen Gemeinschaft herrscht“. „Wo sind die Gesetze, die Moral und die Prinzipien in Bezug auf die Politik der Zwangsumsiedlung und der ethnischen Säuberung im Westjordanland? Was ist mit der Politik der Verhaftung, der Belagerung von Zivilisten und der wahllosen Bombardierung im Gazastreifen? Wo sind die Prinzipien, wenn Palästinenser ohne Gerichtsverfahren zwangsweise festgehalten werden, was einer Entführung gleichkommt?“, fragte er anklagend und betont, dass „Israel als verantwortlich für diese Ereignisse und ihre Folgen angesehen werden muss“.
Herausforderung der Deeskalation – eine Ein-Staaten-Lösung als Ziel
„Die Herausforderung besteht nun darin, auf eine Deeskalation hinzuarbeiten und dann zu einem politischen Ansatz zurückzukehren ohne zu kapitulieren. Dies ist ein schwieriger Weg, wenn man bedenkt, dass Israel von einer rechtsextremen Regierung regiert wird, Washington taub und Europa von den USA abhängig ist.“
Darüber hinaus ist die Zwei-Staaten-Lösung aufgrund der Politik aufeinanderfolgender israelischer Regierungen nicht mehr tragbar. Die Lösung dieses Konflikts liegt in einem Staat für zwei Völker in der einen oder anderen Form.“, so Moulay Hicham weiter. Es handelt sich“, so Prinz Hicham abschließend, „um eine leidvolle und langfristige Situation, deren Bewältigung jedoch bereits begonnen hat. Bis die Palästinenser ihre Rechte wiedererlangen, sind wir alle Palästinenser.“
Marokko – Dringlichkeitssitzung zur Lage in Nahost der Arabischen Liga