In Bagdad mahnt Marokkos Monarch zur Einigkeit, fordert Frieden für Palästina und wirbt für wirtschaftliche Integration im Maghreb
Bagdad – Beim 34. Gipfel der Arabischen Liga in Bagdad hat Marokkos König Mohammed VI. über Außenminister Nasser Bourita eine umfangreiche Botschaft übermitteln lassen. Der König nutzte das Forum, um Marokkos außenpolitische Positionen zur Lage im Nahen Osten, insbesondere zur Palästina-Frage, zur wirtschaftlichen Kooperation sowie zu regionalen Krisenherden klar zu formulieren.
Die Rede erfolgte in einem geopolitisch sensiblen Moment: Der Gaza-Krieg hat sich nach dem Zusammenbruch des Waffenstillstands verschärft, und viele arabische Staaten stehen unter Druck, interne und externe Herausforderungen in Einklang zu bringen. In diesem Kontext präsentierte Mohammed VI. eine außenpolitische Vision, die auf politischer Solidarität, friedlicher Konfliktlösung und wirtschaftlicher Erneuerung basiert.
Fünf Punkte für den Frieden in Palästina
Ein zentrales Thema der Rede war die Situation in den palästinensischen Gebieten. Der König verurteilte die fortgesetzte Gewalt in Gaza und im Westjordanland und sprach von „schweren Verstößen gegen das Völkerrecht“. Er forderte konkret:
- Einstellung der Militäroperationen und Rückkehr zu Verhandlungen,
- Beendigung der israelischen Angriffe im Westjordanland,
- ununterbrochene humanitäre Hilfe für Gaza und das Westjordanland,
- Unterstützung der UNRWA für palästinensische Flüchtlinge,
- Wiederaufbauplan unter palästinensischer Verwaltung, begleitet von arabischer und internationaler Aufsicht.
Dabei bekräftigte er Marokkos Unterstützung für einen unabhängigen palästinensischen Staat mit Ost-Jerusalem als Hauptstadt – eine Position, die mit der Mehrheit der arabischen Staaten im Einklang steht.
Kritik an mangelnder wirtschaftlicher Integration
Deutliche Worte fand der Monarch auch zur wirtschaftlichen Situation der arabischen Welt. Er kritisierte, dass trotz des wirtschaftlichen Potenzials die innerarabischen Handels- und Investitionsströme „sehr gering“ seien. Marokko plädiere für Investitionen in Zukunftsbranchen wie erneuerbare Energien und künstliche Intelligenz, um nachhaltiges Wachstum zu fördern.
Insbesondere hob der König die mangelnde Integration Nordafrikas hervor: Die Maghreb-Staaten, darunter Marokko, Algerien, Tunesien, Libyen und Mauretanien, hätten es bisher versäumt, wirtschaftlich enger zusammenzuarbeiten. Er bedauerte, dass die Union des Arabischen Maghreb ihre Rolle als Motor regionaler Entwicklung nicht erfülle.
Außenpolitische Stabilität und Diplomatie
Neben der Palästina-Frage sprach Mohammed VI. weitere Krisenregionen an. Er betonte Marokkos konstruktive Rolle im Libyen-Konflikt und kündigte die Wiedereröffnung der marokkanischen Botschaft in Damaskus an – ein diplomatisches Signal gegenüber Syrien. Auch für Jemen, Sudan und den Libanon forderte der König politische Lösungen im Rahmen der nationalen Souveränität.
Gleichzeitig warnte er vor externer Einmischung und der Unterstützung separatistischer Bewegungen. Marokko lehne jede Einmischung in die inneren Angelegenheiten anderer Staaten ab und stehe zu den Prinzipien der territorialen Integrität.
Arabische Liga: Plattform für regionale Koordination
Die Arabische Liga, gegründet 1945, umfasst heute 22 Mitgliedsstaaten und dient als Koordinationsgremium für politische, wirtschaftliche und kulturelle Anliegen der arabischen Welt. Gipfeltreffen wie der aktuelle in Bagdad bieten Raum für gemeinsame Positionierungen – allerdings wird der Organisation oft Ineffizienz vorgeworfen.
Mohammed VI. rief zur Reform der Liga auf, damit diese „den Bestrebungen unserer Länder im Geiste des Konsenses und der Einigkeit gerecht“ werde. Nur ein starkes und einheitliches arabisches Auftreten könne Antworten auf globale Herausforderungen wie Klimawandel, Wasserknappheit und steigende Energiepreise bieten.
Marokko strebt die Rolle als Brückenbauer an.
Marokkos Botschaft beim Gipfel war klar: Der Staat will eine aktive Rolle in der arabischen Welt übernehmen – als Vermittler in Konflikten, als Verfechter wirtschaftlicher Integration und als Fürsprecher humanitärer Anliegen. Ob diese Position in der Praxis von den anderen Mitgliedern der Arabischen Liga geteilt und mitgetragen wird, bleibt abzuwarten.
Fest steht: In einer von Krisen erschütterten arabischen Welt positioniert sich Marokko als verlässlicher stabiler Akteur mit klarem Kompass.
Marokko – König richtet mit einer Rede eine Botschaft an den 34. Arabischen Gipfel (Volltext)