Königlicher Glückwunsch mit politischer Botschaft. Zwischen Loyalität zum Königshaus und innerparteilicher Erneuerung – Die islamisch-konservative Partei ringt um ihre politische Rolle im marokkanischen Machtgefüge
Rabat – Am gestrigen Montag richtete König Mohammed VI. eine offizielle Botschaft an Abdelilah Benkirane, in der er dem langjährigen Vorsitzenden der Partei für Gerechtigkeit und Entwicklung (PJD) zur Wiederwahl als Generalsekretär gratulierte. Die Erklärung wurde über die staatliche Nachrichtenagentur MAP veröffentlicht und enthält eine Reihe von Formulierungen, die über diplomatische Höflichkeit hinausgehen.
Der König wünscht Benkirane „viel Erfolg bei der Fortsetzung seiner Aufgaben“ und hebt dabei insbesondere die Rolle der PJD in der nationalen Politik hervor: Die Partei solle, so die königliche Erklärung, zur „Stärkung ihrer Position auf der politischen Bühne“ beitragen, „den Bürgern mit Ernsthaftigkeit und Verantwortungsbewusstsein Orientierung bieten“ und den „allgemeinen Entwicklungsprozess unterstützen, der unter Unserer Führung durchgeführt wird“.
Diese Passage ist bemerkenswert: Sie macht deutlich, dass das Königshaus weiterhin eine klare Erwartung an die politische Linie der PJD hat – nämlich konstruktive Loyalität zur Monarchie bei gleichzeitiger Mitwirkung am Modernisierungsprozess des Landes.
Benkirane bleibt Gesicht der Partei – trotz Niederlagen
Abdelilah Benkirane war bereits zwischen 2008 und 2017 Generalsekretär der PJD und prägte maßgeblich die Phase, in der die Partei Regierungsverantwortung trug. Seine Rückkehr an die Parteispitze im Jahr 2021 war ein direktes Ergebnis der schweren Wahlniederlage, die die PJD bei den Parlamentswahlen desselben Jahres erlitt – sie verlor 90 % ihrer Sitze.
Dass Benkirane nun erneut als Generalsekretär bestätigt wurde, deutet auf ein Festhalten an altbewährten Führungspersönlichkeiten hin. Laut einem Bericht von Maghreb Post war der jüngste Parteitag der PJD jedoch auch von Diskussionen über programmatische Erneuerung, strukturelle Reformen und eine stärkere Verankerung bei jungen Wählergruppen geprägt.
Die Wiederwahl Benkiranes zeigt somit einerseits die starke Rückbindung an historische Führungspersönlichkeiten, andererseits aber auch das Ringen um eine neue Positionierung im politischen System Marokkos, das zunehmend von technokratischen und parteiunabhängigen Kräften dominiert wird.
Die Rolle der PJD im heutigen politischen Kontext
Nach einer Dekade an der Regierung ist die PJD heute oppositionelle Kraft – mit stark geschrumpfter parlamentarischer Repräsentanz. Doch ihre Bedeutung geht über Mandatszahlen hinaus: Als ehemals stärkste islamisch-konservative Kraft mit urbaner Wählerschaft bleibt sie ein wichtiger Teil des politischen Spektrums, insbesondere wenn es um sozialpolitische Fragen und moralisch-ethische Debatten geht.
Die Gratulation des Königs unterstreicht, dass die Monarchie weiterhin auf die Einbindung auch oppositioneller Kräfte setzt, sofern sie die „heiligen Werte und Konstanten der Nation“ respektieren – ein zentraler Begriff in der politischen Sprache des Palasts, der vor allem die Rolle des Königs als religiöses und politisches Oberhaupt einschließt.
Zwischen Parteireform und staatlicher Loyalität
Auf dem jüngsten PJD-Parteitag zeigte sich laut Maghreb Post deutlich, dass die Partei einen Spagat zu bewältigen hat: Einerseits will sie sich als demokratisch legitimierte Kraft mit ideologischer Verankerung profilieren, andererseits kommt sie nicht umhin, sich zu den politischen Grundfesten des marokkanischen Systems zu bekennen – also zur Monarchie, zur territorialen Integrität und zum „königlichen Entwicklungsmodell“.
Die Gratulation des Monarchen stärkt Benkiranes innerparteiliche Autorität, bindet ihn aber gleichzeitig noch enger an die Erwartungen des Palasts. Für die PJD könnte dies mittelfristig bedeuten, dass sie zwischen Reformwillen und Loyalitätsanspruch balancieren muss – ein Prozess, der maßgeblich über ihren künftigen politischen Einfluss entscheiden wird.
Marokko – PJD ringt beim Parteitag um Richtung und Erneuerung
