StartMarokkoMarokko – Gegen 60 Parlamentarier wird wegen Korruption ermittelt.

Marokko – Gegen 60 Parlamentarier wird wegen Korruption ermittelt.

PJD wittert neben den Korruptionsverfahren wegen hoher Arbeitslosigkeit und begrenztem Wirtschaftswachstum eine Chance sich zu profilieren.

Ehemalige Regierungspartei PJD fordert Neuwahlen, angesichts der zahlreichen Korruptionsverfahren. Übrige Oppositionsparteien schließen sich nicht an.

Rabat – Das marokkanische Innenministerium und die Justiz scheinen in den Reihen der Abgeordneten und Ratsmitglieder in den Parlamenten kräftig ausmisten zu wollen. Mit dem Programm „Saubere Hände“ werden die Handlungen aber auch Geschäfte von Mandatsträgern in der Hauptstadt oder den Regionalparlamenten unter die Lupe genommen. Ein solches Vorgehen des Innenministers und der Generalstaatsanwaltschaft ist ohne Rückendeckung des Palastes sicherlich kaum möglich.

Gegen nicht weniger als 60 Mandatsträgern werde derzeit gerichtlich vorgegangen. Unter diesen 60 Mandatsträgern sollen sich 34 Parlamentarier aus verschiedenen Mehrheits- und Oppositionsfraktionen, ein Regionalpräsident und ein Präsident des Präfekturrats befinden. Insgesamt soll es in Marokko ca. 32.000 Mandatsträger auf den zahlreichen politischen Ebenen geben.

Des Weiteren seien 30 Kommunalpolitiker abgesetzt worden, da sie vor den Kammern zur Untersuchung von Finanzverbrechen an verschiedenen Gerichten des Königreichs angeklagt seien. Von den strafrechtlich verfolgten Parlamentariern wurden neun Abgeordnete und ein Ratsmitglied der Zweiten Kammer ihres Mandats enthoben.

Das ist eine erste Bilanz, die die marokkanische Tageszeitung Assabah in ihrer Montagsausgabe (22. Juli 2024) gezogen hat.

Zahl der Mandatsträger soll perspektivisch reduziert werden.

Die Zahl der Abgeordneten, gegen die ein Gerichtsverfahren eingeleitet wurde, ist zwar im Vergleich zur Gesamtzahl der Abgeordneten sehr gering, so die Zeitung, allerdings sei dies auf die große Zahl der Kommunalvertreter zurückzuführen.

Das Innenministerium sei daher aufgerufen, „die Wahlgesetze zu überarbeiten, um die Zahl der Kommunalvertreter, die eine Belastung für die öffentlichen Finanzen darstellen, mindestens zu halbieren“, so Assabah.
Weiter heißt es in dem Artikel, dass „für viele von ihnen die Interessen der Bürger, die sie gewählt haben, und das öffentliche Interesse im Allgemeinen eher zweitrangig sind. Die meisten von ihnen verzögern die Entwicklung um mehrere Jahre und sind nur dazu da, die öffentlichen Gelder zu nutzen“.

Erste Parteien fordern auf kommunaler und landesweiter Ebene Neuwahlen.

Angesichts der Anzahl von Korruptionsermittlungen und Verfahren, auch wegen Verschwendung und Veruntreuung öffentlicher Gelder, hätten erste, selbsternannte Beschützer der öffentlichen Finanzen auf kommunaler Ebene Neuwahlen gefordert, da der Vertrauensverlust bei den Bürgerinnen und Bürger sehr groß sei.

Besonders hervortun möchte sich die ehemalige islam-konservative Regierungspartei PJD, die nach der Verfassungsreform 2011 mit den Regierungschefs Benkirane und El Othmani regiert hatte und in ihren Wahlkämpfen sich stets die Korruptionsbekämpfung groß auf die Fahnen schrieb. Die PJD habe in diesem Zusammenhang nicht nur Neuwahlen auf kommunaler Ebene gefordert, sondern gleich Parlamentswahlen verlangt.
Abgeordneter Abdellah Bouanou, Fraktionsführer der islam-konservativen PJD, habe laut Assabah erklärte, dass „die Abhaltung vorgezogener Wahlen Teil der demokratischen Praxis ist und keineswegs darauf abzielt, die Arbeit der Regierung zu stören“.

Die Tageszeitung zitiert den Parlamentarier mit den Worten: „Man sollte keine Angst davor haben, vorzeitig zu den Bürgern zu gehen und um eine Erneuerung des Vertrauens zu bitten“.

Forderung der PJD ohne Rückhalt in der übrigen Opposition.

Die ehemalige Regierungspartei, die nach den letzten Parlamentswahlen im Jahr 2021 nur noch die fünftgrößte Fraktion im marokkanischen Parlament darstellt, scheint ohne Unterstützung durch die übrigen Oppositionsparteien zu sein.

Noch vor wenigen Monaten scheiterte die USFP mit dem Versuch, die übrigen Oppositionsparteien, darunter die islam-konservative PJD, hinter sich zu vereinen und gemeinsam ein Misstrauensvotum gegen Premierminister Aziz Akhannouch zu organisieren. Nun unterstützt die USFP die PJD bei diesem Vorstoß ebenfalls nicht.

Die PJD hat es schwer ihren selbst wahrgenommenen Führungsanspruch unter den Oppositionsparteien durchzusetzen und auch ihre Glaubwürdigkeit bei der Korruptionsbekämpfung ist beschädigt, hatte die PJD doch 10 Jahre Zeit, die Korruption wirksam im Land zu bekämpfen und damit eines der zentralen Wahlversprechen einzulösen.
Zugleich waren einiger ihre bekannten Parteimitglieder selbst in Skandale verwickelt.

Der ehemalige Premierminister El Othmani (PJD) bezifferte den Schaden durch Korruption für das nordafrikanische Königreich Marokko auf bis zu 7% des jährlichen BIP.

PJD wittert neben den Korruptionsverfahren wegen hoher Arbeitslosigkeit und begrenztem Wirtschaftswachstum eine Chance sich zu profilieren.

Die PJD hat immer noch mit der schweren Niederlage bei den Parlamentswahlen 2021 zu kämpfen und glaubt in der jetzigen wirtschaftlichen Situation, die von einem unzureichenden Wirtschaftswachstum und einer steigenden Arbeitslosigkeit, insbesondere bei jungen Menschen unter 25 Jahren, geprägt ist, politisch profitieren zu können.

Oppositionsparteien, so die Tageszeitung Assabah, würden von „Aufwärmung zum Wahlkampf“ sprechen und würden die Forderungen „daher für uninteressant“ halten.
In Wirklichkeit, so glaubt die Tageszeitung, sind es die drei Formationen der Regierungsmehrheit, die sowohl die beiden Kammern des Parlaments als auch die Regionalräte und eine große Zahl der Stadträte sowie die Räte anderer Gebietskörperschaften dominieren. Und es gebe keine Anzeichen dafür, dass die drei Parteien die Absicht hätten, die aktuelle Legislativperiode zu verkürzen.

Marokko – Korruptionsbekämpfung weiterhin erfolglos.

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