StartMarokkoMarokko – Aufbauarbeiten im Erdbebengebiet Al Haouz gehen weiter.

Marokko – Aufbauarbeiten im Erdbebengebiet Al Haouz gehen weiter.

Kritik am aktuellen Stand des Wiederaufbaus. 

Regierungschef spricht von einem Voranschreiten der Wiederaufbau- und Sanierungsarbeiten in der Provinz Al Haouz nach dem schweren Erdbeben vom 8. September 2023.

Rabat – In wenigen Tagen jährt sich das schwere Erdbeben in der Provinz Al Haouz, ca. 80 km südwestlich von Marrakech, zum ersten Mal.

Am 8. September 2023 erschütterte ein Erdbeben der Stärke 6,8 auf der nach oben offenen Richterskala ein vor allem von Amazigh bewohntes und durch die Ausläufer des Atlasgebirges schwer zugängliches Gebiet.

Nach offiziellen Angaben sind ca. 3.000 Menschen bei der Naturkatastrophe ums Leben gekommen. Neben der besonders schwer getroffenen Provinz Al Haouz waren auch in Taroudant sowie in den Provinzen Chichaoua, Ouarzazate, Marrakech (Stadt) und Azilal Todesopfer zu beklagen. Weitere mehr als 2.500 Menschen sind durch das Erdbeben verletzt worden.
Bis zu 6.000 Ortschaften, nicht selten abgelegen, wurden beschädigt, schwer geschädigt oder gar vollständig zerstört.

Viele Menschen wurden nach dem Erdbeben und den eingeleiteten Rettungsmaßnahmen in Notunterkünften, Zeltstädten und Containerlagern untergebracht. Laut UNICEF könnten bis zu 100.000 Kinder von der Katastrophe betroffen gewesen sein. Insgesamt könnten bis zu 300.000 Menschen direkt oder indirekt von den Folgen betroffen gewesen sein.

Große Solidarität der Bevölkerung, beeindruckende logistische Leistung.

Marokko überraschte vor einem Jahr die Welt, weil die Rettungsdienste und vor allem die Streitkräfte schnell und logistisch vorbereitet auf die Katastrophe reagierten und nur wenige Länder um Hilfe gebeten werden mussten.
Schnell bildete sich um König Mohammed VI. ein Krisenstab, der die Rettungsmaßnahmen überwachte und zugleich die Weichen für die Zeit des Wiederaufbaus stellte.

Mit einem Sondervermögen von 120 Mrd. marokkanischen Dirham (MAD) für einen Zeitraum von fünf Jahren soll der Wiederaufbau finanziert werden. Zugleich wurden Beihilfen, Versorgungszahlungen und Sofortmaßnahmen wie provisorische Wohnsiedlungen, Feldkrankenhäuser, Schulen und mobile Behörden aufgebaut bzw. organisiert. Unzählige Beamte und vor allem Statiker sowie Bausachverständige wurden zusammengerufen, um die Schäden zu erfassen und die Gemeinden sowie Eigentümer beim Wiederaufbau zu beraten und zu begleiten. Dabei ging es auch um Anträge für Beihilfen für den Wiederaufbau privaten Eigentums.

Marokko – 120 Mrd. MAD für Wiederaufbau u. Modernisierung im Erdbebengebiet

Für Marokko, das wirtschaftlich und gesellschaftlich noch in der Entwicklung ist und teils sehr große regionale Unterschiede aufweist, eine beachtliche Leistung, die auch durch die hohe Spendenbereitschaft der Bevölkerung wie auch internationaler Partner, vor allem aus den Golfstaaten, aber auch einigen EU-Mitgliedsländern, möglich wurde.

Vor allem die Spendenbereitschaft der Marokkanerinnen und Marokkaner war groß. Viele Menschen reisten in das Katastrophengebiet und lieferten Güter des täglichen Bedarfs oder halfen mit ihrer Arbeitskraft bei der Räumung von Trümmern. Einige von ihnen hatten Verwandtschaft in der Region. Die meisten spendeten jedoch in den Sonderfonds, den die Zentralbank, Bank Al Maghrib, aufsetzte. Unternehmen, inländische Privatpersonen, im Ausland lebende Marokkanerinnen und Marokkaner (MRE) sowie das Königshaus spendeten auf ein eigens eingerichtetes Sonderkonto, sodass Ende Dezember ca. 19 Mrd. MAD zusammenkamen. Deutschland stellte im Juni 2024 ein Darlehen für den Wiederaufbau in Al Haouz in Höhe von 100 Mio. Euro zur Verfügung. Weitere Gelder, in der Regel als Kredite, wurden von der Europäischen Entwicklungsbank, der Afrikanischen Entwicklungsbank oder der Europäischen Bank für Wiederaufbau bereitgestellt.

Marokko – Erdbeben-Sonderfonds erreicht 19 Mrd. MAD

Kritik am aktuellen Stand des Wiederaufbaus.

Zuletzt kam Kritik am Stand der Arbeiten und des Wiederaufbaus auf. Angesichts des zweiten drohenden Winters, den viele Familien vor Ort wieder in den inzwischen ausgebauten, aber immer noch provisorischen Unterkünften aushalten müssen, wird das vermeintlich langsame Tempo der Arbeiten kritisiert. Derzeit und angesichts des bevorstehenden ersten Jahrestags der Katastrophe reisen viele Berichterstatter und auch Influencer durch die Region und dokumentieren den Fortschritt.
Sie zeigen, dass viele Containerdörfer noch stehen, und heben oft die Stimmen der Unzufriedenen hervor, die es zahlreich gibt. Viele hatten sich erhofft, auch angesichts des Engagements des Königs, dass die Hilfen schnell zu spürbaren Resultaten für jeden Einzelnen führen würden und viele nach einem Jahr in ihre Häuser zurückkehren können.
Doch lange mussten erst die Voraussetzungen für das staatliche Handeln geschaffen werden, z.B. die Räumung von Straßen und der Wiederaufbau von Brücken. Viele Häuser und Grundstücke waren nicht erfasst oder dokumentiert, ja, zahlreiche Menschen, die in den abgelegenen Dörfern lebten, waren nicht registriert und besaßen keine Dokumente. Auch mussten erst Gutachten zu den Schäden erstellt werden, verbunden mit neuen Vorgaben für einen verbesserten Erdbebenschutz.

Dies alles kostet Zeit, wie auch andere Katastrophengebiete in der Welt zeigten und zeigen. Dennoch dokumentieren die Beobachter vor Ort auch Fortschritte. Neben dem Wiederaufbau von Schulen, Krankenhäusern und anderen öffentlichen Gebäuden hat sich das Land auch um die Kulturstätten gekümmert, die das Erbe der Region darstellen oder für Einnahmen aus dem Tourismus von Bedeutung sind. Einnahmen, die dringend benötigt werden, damit die Menschen vor Ort Einkommen erwirtschaften können.

Regierungschef sieht Entwicklung im Zeitplan.

Die Wiederaufbau- und Sanierungsarbeiten in den vom Erdbeben betroffenen Gebieten von Al Haouz werden in einem positiven und seriösen Klima fortgesetzt, wie der marokkanische Premierminister Aziz Akhannouch am gestrigen Montag, 2. August 2024, in Rabat in Übereinstimmung mit den hohen Anweisungen von König Mohammed VI. erklärte.
Die Umsetzung der verschiedenen Aspekte dieses Vorhabens in Erfüllung der hohen königlichen Weisungen habe in mehreren Bereichen und auf mehreren Ebenen positive Fortschritte gemacht, sagte Regierungschef Akhannouch nach der 11. Sitzung der interministeriellen Kommission, die für das Wiederaufbau- und Sanierungsprogramm der vom Al Haouz – Erdbeben betroffenen Gebiete zuständig ist, gegenüber der Presse.

„Er betonte, dass der Staat alle Voraussetzungen geschaffen habe, um den Wiederaufbau und die Sanierung der beschädigten Häuser zu erleichtern, indem er den Familien finanzielle Unterstützung, Genehmigungen für den Wiederaufbau und kostenlose technische Hilfe angeboten habe“, zitiert ihn die staatliche Nachrichtenagentur MAP.

In diesem Zusammenhang berichtete er über den Fortschritt beim Bau von 49.632 Wohneinheiten nach der Erteilung von rund 55.000 Baugenehmigungen, wobei die Hilfe für den Wiederaufbau von ganz oder teilweise eingestürzten Gebäuden die vierte Rate in Höhe von 20.000 MAD für Familien erreicht habe, die beim Wiederaufbau ihrer Häuser schon weit fortgeschritten seien, wodurch 1.000 Familien den Wiederaufbau und die Sanierung ihrer Häuser abschließen konnten.

König fordert Modernisierung der betroffenen Region.

Von Beginn an stand die Frage im Raum, wie die Region wieder aufgebaut werden soll. Steht die Entscheidung an, viele Familien oder ganze Gemeinden umzusiedeln und sie näher an bereits weiter entwickelte Standorte zu bringen, oder eine modernere Infrastruktur zu den Menschen zu bringen? Letztendlich wird man nach Kompromissen suchen.

Der marokkanische König hatte gefordert, dass der Wiederaufbau auch dazu genutzt werden müsse, dass die Region, die zu den weniger entwickelten Regionen des Landes gehört, von einer modernisierten Infrastruktur profitiert. Zugleich sollen die sozialen Bande und die kulturellen Gegebenheiten beim Wiederaufbau berücksichtigt werden.

Diese beiden Ziele können zu einem Widerspruch führen, wenn die Mittel und die Möglichkeiten begrenzt sind.

Während Stromleitungen oder dezentrale Energieversorgung, Mobilfunk oder Straßen noch relativ einfach ausgebaut werden können, wird es bei Fragen wie Schulen, Krankenhäusern oder Behörden schon schwieriger, denn viele der betroffenen Ortschaften und Dörfer haben eine geringe Bevölkerungszahl gehabt und könnten nach dem Wiederaufbau noch kleiner sein.

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