Marokkanisches Außenministerium, das Bundesentwicklungsministerium und das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz geben Allianz für gemeinsames Engagement im Bereich Klima und Energie in Berlin bekannt.
Berlin – Deutschland und Marokko haben eine gemeinsame Allianz für Klima und Energie vereinbart. Bundesentwicklungsministerin Svenja Schulze, der Parlamentarische Staatssekretär beim Bundesminister für Wirtschaft und Klimaschutz Stefan Wenzel und der marokkanische Außenminister Nasser Bourita unterzeichneten eine entsprechende Erklärung zur Gründung einer solchen Partnerschaft in Berlin.
Am Rande der 1. Sitzung des bilateralen strategischen Dialogs zwischen Marokko und Deutschland trafen sich am gestrigen 28. Juni 2024 Entwicklungsministerin Schulze und Staatssekretär Wenzel mit Außenminister Bourita und der marokkanischen Botschafterin in Berlin, Frau Zohour Alaoui.
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Die Allianz ziele nach einer Erklärung des Bundesministeriums auf verstärkte Zusammenarbeit bei Klimaanpassung, dem Ausbau erneuerbarer Energien und der Produktion von „grünem Wasserstoff“ ab.
Marokko, mit seiner geografischen Lage am windreichen Atlantik und Nähe zur Wüste, kann verlässlicher, mehr, relativ einfacher, effizienter und damit kostengünstiger Strom aus Wind und Sonne erzeugen und perspektivisch mit einem potentiellen für den Export geeigneten Überschuss an „grünem Wasserstoff“ auch für Deutschland produzieren.
Deutschland will sich Zugriff auf grünen Wasserstoff durch Allianz sichern.
Diese Allianz zwischen Deutschland und Marokko zielt darauf ab, die Zusammenarbeit in diesen Bereichen zu stärken und den Übergang zu sauberer Energie voranzutreiben.
„Die neue grüne Wasserstoffwirtschaft muss fair werden – anders als die fossile Weltwirtschaft es je war. Darum arbeiten wir an Partnerschaften, von denen beide Seiten profitieren. Marokko hat beste Voraussetzungen für die Energiewende und die Produktion von grünem Wasserstoff. Deutschland will Wasserstoff importieren. Aber wir wollen das fair und partnerschaftlich tun, nämlich so, dass auch Marokko seine Energiewende vorantreiben kann und seinen fairen Anteil an den Wertschöpfungsketten der Zukunft bekommt. Diese neue Allianz ist ein ermutigendes Zeichen für eine faire und respektvolle Zusammenarbeit,“ zitiert die Erklärung des Bundesministeriums Ministerin Schulze.
Der Staatssekretär im Wirtschaftsministerium ergänzt: „Marokko und Deutschland sind regionale Vorreiter im Klimaschutz. Beide Länder arbeiten an der Reduktion des Kohlestroms und dem Ausbau der erneuerbaren Energien. Daher ist Marokko eines der ersten Länder, mit denen das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz – bereits seit über zehn Jahren – eine sehr fruchtbare Energiepartnerschaft umsetzt. Marokko hat enorme Potenziale für erneuerbare Energien und grünen Wasserstoff. Wegen der räumlichen Nähe unterstützen wir auch die Zusammenarbeit im Stromhandel zwischen Marokko und der EU. Ebenso wollen wir zum beiderseitigen Nutzen den Aufbau einer Wasserstoffwirtschaft voranbringen und die Beteiligung deutscher Technologieunternehmen und Zulieferer politisch flankieren. Darüber hinaus wollen wir noch enger im Fachkräftebereich zusammenarbeiten.“
Erste Anlage aus der Kooperation soll 10.000 Tonnen Wasserstoff pro Jahr herstellen können.
Seit bereits zwei Jahren arbeiten Deutschland und Marokko an gemeinsamen Energiestrategien, darunter der Aufbau von Produktionskapazitäten oder die Anbindung von grüner Energie unter anderem an den EU-Strommarkt. Bereits jetzt, so das Bundesentwicklungsministerium, werde an einer Anlage gearbeitet, die „10.000 Tonnen Wasserstoff pro Jahr herstellen“ soll. Die sei „genug, um damit 50.000 Tonnen grünen Stahl zu produzieren. Sie soll überdies als Referenzprojekt für die Rentabilität der Produktion von grünem Wasserstoff in Afrika dienen und das Vertrauen privater Investoren in den Standort Marokko stärken. Auf Grundlage der neuen deutsch-marokkanischen Allianz für Klima und Energie werden weitere Investitionen folgen.“
Marokko – Grüner Wasserstoff – die Herausforderungen für ein attraktives Angebot aus Marokko
Weitere Details noch Teil der Gespräche.
Mehr Details über die Allianz wurden nicht bekannt gegeben. Weiterhin scheint das Bundesentwicklungsministerium hier die federführende Kraft zu sein, wenn es um Entwicklungen im Bereich Energie und „grünen Wasserstoff“ in Kooperation mit Marokko geht, auch wenn ein hochrangiger Vertreter des Bundeswirtschaftsministeriums an den Gesprächen teilgenommen hat.
Nach wie vor scheint man in Berlin die Unterstützung beim Aufbau einer marokkanischen Wasserstoffwirtschaft als Entwicklungshilfe zu sehen, die noch dazu im Kontext des Haushaltsstreits in der Ampel-Koalition durch Einsparungsvorhaben zukünftig belastet sein könnte.
Eigentlich sollte inzwischen die mehrfach vom Bundeswirtschaftsministerium ausgesprochene strategische Bedeutung von „grünem Wasserstoff“ für die heimische Industrie zu einem Wechsel der Denkrichtung und Verantwortlichkeiten in der Bundesregierung geführt haben, weg von einer Unterstützungsleistung hin zu einem strategischen Aufbau von Produktionsanlagen mit deutscher Unterstützung und mit Exportkapazitäten für die deutsche Chemie- und Stahlindustrie.
Zögerliche Strategie der Pilotprojekte.
Die bisher angesprochenen und geplanten 10.000 Tonnen Wasserstoffproduktion pro Jahr entsprechen in gasförmigen Zustand ca. 93 Mio. kWh bzw. 0,093 TWh. Nach Angaben des Bundesministeriums für Wirtschaft und Klimaschutz auf der eigenen Webseite werden bereits 2030 ca. 95 bis ca. 130 TWh pro Jahr benötigt, also ca. das 1.000 bis ca. 1.400 fache der genannten Produktionsmenge!
Natürlich wird Marokko nicht der einzige Lieferant des vollständigen Bedarfs an Wasserstoff in Deutschland sein können, aber Deutschland steht im Wettbewerb mit anderen Industrienationen und Ländern, die ebenfalls „grünen Wasserstoff“ benötigen werden, darunter die Automobilnationen Frankreich, Spanien, Italien sowie Marokko selbst und bis 2030 sind es gerade noch etwas mehr als fünf Jahre.
Trotz dieser offensichtlichen Herausforderungen, wurde keine Details zum Investitionsumfang oder weiteren Projekten bekanntgegeben und die Bundesregierung scheint die heimische Wirtschaft noch nicht zu Investitionen in Marokko ausreichend motivieren zu können. Zugleich scheinen die EU-Staaten auch auf Produktionsstätten in Spanien, Portugal, Süditalien und Griechenland zu hoffen. Bis dahin kauft man billiges Gas aus Algerien, dass über Italien und Österreich transportiert wird, und hofft auf ein baldiges Ende des Ukrainekrieges, um ggf. wieder an günstiges Gas aus Russland herankommen zu können.
Algerien – Bundesminister Harbeck in Algier – Gas und „Grüner Wasserstoff“ auf der Agenda.