Berlin feiert den Afrikatag: Marokko erneut im Vorsitz, Partnerschaften im Zeichen strategischer Neuausrichtung
Berlin – Zum dritten Mal in Folge hat Marokko den Vorsitz bei den Feierlichkeiten zum Afrikatag in Berlin übernommen. Die diesjährige Veranstaltung stand unter dem Motto „Deutsche Investitionen in Afrika: Herausforderungen und Perspektiven“ und wurde von der marokkanischen Botschafterin in Deutschland, Frau Zohour Alaoui, als Vorsitzende des Komitees afrikanischer Botschafter geleitet. Organisiert wurde das Event in Zusammenarbeit mit der KfW Entwicklungsbank und der Subsahara-Afrika-Initiative der deutschen Wirtschaft (SAFRI).
Neben hochrangigen afrikanischen Diplomaten nahmen auch Vertreter der deutschen Bundesregierung sowie der deutschen Wirtschaft und Zivilgesellschaft an den Feierlichkeiten teil, darunter Reem Alabali-Radovan, Bundesministerin für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung, und Stefan Rouenhoff, Parlamentarischer Staatssekretär im Bundeswirtschaftsministerium.
Gemeinsame Herausforderungen – neue strategische Chancen
In ihrer Eröffnungsrede betonte Botschafterin Alaoui die Relevanz des Afrikatags vor dem Hintergrund globaler Umbrüche und einer veränderten geopolitischen Lage. Afrika sei ein zentraler Akteur bei der Bewältigung globaler Herausforderungen, Deutschland hingegen ein langjähriger, aber ausbaufähiger Partner: Das Handelsvolumen zwischen beiden Seiten bleibe bislang „noch sehr bescheiden“, so Botschafterin Alaoui laut der staatlichen Nachrichtenagentur MAP.
Sie verwies dabei auf die Ankündigung der aktuellen Bundesregierung, eine neue Afrikapolitik zu verfolgen, die stärker auf strategische Partnerschaften, wirtschaftliche Zusammenarbeit und Handelsförderung setzen will.
Deutsche Regierung setzt auf nachhaltige Partnerschaften
Bundesministerin Alabali-Radovan unterstrich in ihrer Rede die Bedeutung eines Gleichgewichts zwischen Entwicklungszusammenarbeit und wirtschaftlichen Interessen. Afrika und Deutschland verbinde eine „Wertegemeinschaft“, in der internationale Zusammenarbeit eine Frage der Solidarität sei. Sie kündigte an, dass sich die deutsche Afrikapolitik künftig stärker an den Zielen der Agenda 2063 der Afrikanischen Union orientieren werde.
Das Entwicklungsministerium wolle öffentliche Mittel verstärkt als Hebel für private Investitionen einsetzen, insbesondere im Energiesektor, wo langfristige Partnerschaften angestrebt werden.
Auch Stefan Rouenhoff hob hervor, dass Afrika für Deutschland ein strategischer Partner sei – nicht nur geopolitisch, sondern auch wirtschaftlich. Er plädierte für neue Instrumente zur Förderung deutscher Unternehmen in Afrika und betonte die Potenziale durch die kontinentale Freihandelszone und eine junge, dynamische Bevölkerung.
Podiumsdiskussion: Potenziale und Herausforderungen für Investitionen
Ein zentrales Element der Veranstaltung war eine Podiumsdiskussion mit Experten aus Politik, Wissenschaft und Wirtschaft. Unter der Moderation von Sabine Odhiambo, Generalsekretärin der Deutschen Stiftung für Afrika, wurden bestehende Kommunikationsdefizite, Strategielücken und Investitionsbarrieren thematisiert.
Wissenschaftler wie Dr. Rainer Thiele und Dr. Philipp von Carlowitz sprachen sich für eine stärkere Verbindung von Entwicklungszusammenarbeit und privatwirtschaftlichem Engagement aus. Bürgermeisterin Joy Alemazung forderte, traditionelle Hilfsansätze zugunsten echter Wirtschaftspartnerschaften zu überwinden.
Aus unternehmerischer Sicht schilderte Floriant Pickert (K+S Group) seine positiven Erfahrungen in Ostafrika und rief dazu auf, deutsche Geschäftsmodelle stärker an lokale Realitäten anzupassen. Der guineische Journalist Mohamed Salif Keita betonte die Bedeutung eines Perspektivwechsels in der öffentlichen Wahrnehmung Afrikas und forderte Investitionen in Bildung und Kompetenzentwicklung.
Afrika als Partner auf Augenhöhe
Die Veranstaltung zeigte: Sowohl in Berlin als auch in den afrikanischen Hauptstädten wächst die Überzeugung, dass wirtschaftliche Zusammenarbeit nur im Rahmen gleichberechtigter Partnerschaften erfolgreich sein kann. Marokkos wiederholte Führungsrolle bei den Berliner Afrikatag-Feierlichkeiten spiegelt dabei seine diplomatische Aktivität und Rolle als Brückenbauer zwischen Europa und Afrika wider.
Obwohl konkrete Investitionszusagen nicht im Vordergrund standen, wurde deutlich: Die Zeit ist reif für eine Neuausrichtung der deutsch-afrikanischen Beziehungen – mit wirtschaftlichem Weitblick und politischem Realismus.