Absoluter Herrschaft in Zeiten der Dekolonialisierung und des kalten Kriegs – König Hassan II. führte das Land in einem schwierigen politischen Umfeld
Rabat – Heute vor 23 Jahren starb König Hassan II. von Marokko.
Die Regentschaft von König Hassan II. kann man als bewegt bezeichnen. Der 1929 in Rabat geborene älteste Sohn von König Mohammed V. trat in große Fußstapfen. Sein Vater wird bis heute als König der Unabhängigkeit und als Kämpfer gegen die Kolonialherrschaft Frankreichs verehrt. Nach dem Tod von König Mohammed V. übernahm Prinz Hassan die Regentschaft 1961 im Alter von 31 Jahren.
Bereits zuvor hatte er seinen Vater bei zahlreichen diplomatischen Auftritten begleitet, aber auch bei innenpolitischen Aufgaben unterstützt. Die Rolle Marokkos in den Zwängen des „Kalten Krieges“ musste noch gefunden werden und die durch die Kolonialherrschaft hinterlassenen Konflikte mit den Nachbarländern führten zu militärischen Auseinandersetzungen.
Bis heute gilt König Hassan II., als einer der intelligentesten und strategisch versiertesten Herrscher seiner Zeit. Er gilt aber auch als ein Herrscher der harten Hand gegen Widersacher und politische Feinde. Zu einer seiner wichtigsten politischen Entscheidung gilt bis heute, die territoriale Integrität des Landes auf die Westsahara auszudehnen. Mit einem hohen politischen Risiko organisierte er den sog. „Grünen Marsch“, und übernahm die Kontrolle über die Westsahara. Ein Schritt, der bis heute international umstritten ist und die marokkanische Außenpolitik wesentlich bestimmt.
Die bleiernen Jahre – die harte Herrschaft von König Hassan II.
Seine Regentschaft gilt heute als eine Zeit der Angst, unterdurchschnittlichen Entwicklung und der Furcht vor der Obrigkeit. Aus der Erfahrung mit Attentaten und Putschversuchen heraus kontrollierte der Sicherheitsapparat die Menschen. Meinungsfreiheit gab es praktisch nicht und das Geschäft mit der Denunzierung wurde gefördert. Unzählige Menschen wurden beim kleinsten Anlass verhaftet, von Polizei und Sonderkräften verhört und, wie inzwischen öffentlich unumstritten, auch gefoltert. Viele Politiker und Oppositionelle verschwanden in geheimen Gefängnissen oder einfach nur von der Bildfläche.
Eine Kommission, die von König Mohammed VI. nach seiner Thronbesteigung ins Leben gerufen wurde, versuchte die Geschehnisse aufzuarbeiten und den Opfern die Möglichkeit zu geben, das Erlebte offenzulegen. Sie erhielten Entschädigungen aber kaum Gerechtigkeit. Bis heute wurde kein Täter für seine Taten bestraft. Die Regentschaft von König Hassan II. wird heute als die „bleiernen Jahre“ bezeichnet.
König Hassan II. wird noch immer verehrt und zugleich abgelehnt.
Die Herrschaft von König Hassan II. ist umstritten. Viele Politiker bezeichnen ihn als einen der politisch intelligentesten Herrscher seiner Zeit. Er positionierte das Königreich in einer Epoche, geprägt durch den „Kalten Krieg“, geschickt zwischen den Blöcken und der bis heute nach Orientierung suchenden arabischen Welt.
Zugleich stützte er seine Macht, neben einem ausgebauten Sicherheitsapparat, auf eine politische und wirtschaftliche Elite. Das Land kämpft bis heute gegen Vetternwirtschaft und Korruption, viele geschützte Märkte sowie gegen eine immer noch verbreitete Armut. Auch wenn sein Sohn, der heutige König Mohammed VI. in den letzten 23 Jahren für einen Sprung in der Entwicklung des Landes gesorgt hat, so gibt es immer noch viel zu tun.
Keine Gedenkfeierlichkeiten in Marokko.
Am heutigen Todestag finden keine Gedenkfeierlichkeiten in Marokko statt. Durch die religiöse Rolle der marokkanischen Könige, als Amir El Mouminin (Prinz oder Anführer der Gläubigen) wird der Todestag nach dem Islamischen Kalender geführt. Demnach starb König Hassan II. am 9. Rabi 1440 der Hegira.