StartAlgerienAlgerien – Spekulationen über Tunesiens Normalisierung der Beziehungen mit Israel

Algerien – Spekulationen über Tunesiens Normalisierung der Beziehungen mit Israel

Tunesien wirtschaftlich von Algerien abhängig.

Chef der Al Bina Bewegung Herr Bengrina geht von einer Annäherung zwischen Tunesien und Israel aus.

Algier – Das die Mitglieder des Abraham-Abkommens oder die Anzahl von bilateralen Vereinbarungen mit Israel wachsen wird, davon kann ausgegangen werden.
Israel lockt mit Wirtschaftskooperationen, Militärhilfen und Wissenstransfer bei Wasserwirtschaft und Landwirtschaft sowie mit politischem Einfluss in Washington.
Im Maghreb hat Marokko Ende 2020 das Abraham-Abkommen, nach Vermittlung durch die USA unter Donald Trump, mit Israel unterzeichnet. Weitere Länder der Golf-Regionen waren damals schon vorausgegangen und seit Jahrzehnten bestehen Friedens- und Kooperationsabkommen mit Ägypten, Jordanien, der Türkei und man mag es kaum noch glauben, mit dem heutigen größten Feind der Israelis, dem Iran, bestanden engsten Beziehungen unter dem Schah Mohammad Reza Pahlavi.

Bereits seit dem Beginn der Normalisierung der Beziehungen zwischen Marokko und Israel, was den Konflikt mit Algerien verschärft hat, wird über weitere mehrheitlich islamische Staaten spekuliert, die einen ähnlichen Weg gehen könnten. Dabei wird immer wieder Tunesien genannt.

Chef der islamitischen Al Bina Bewegung heizt Spekulationen um Tunesien wieder an.

Ob Tunesien seine Beziehungen zu Israel normalisieren wird, darüber wird schon länger spekuliert. Nun hat ein algerischer Parteiführer die Spekulationen angeheizt. Abdelkader Bengrina ist Chef der islamistischen Bewegung Al Bina. Mit seiner Aussage, Tunesien werde seine Beziehungen zu Israel normalisieren, hat er die Diskussion wiederbelebt.

Am vergangenen Samstag erklärte Abdelkader Bengrina nach Angaben des algerischen Nachrichtenportals TSA bei einem Treffen seiner Partei zu den Auswirkungen der Krise in Niger auf Algerien, Tunesien werde seine Beziehungen zu Israel normalisieren. Die Krise in Niger brach am 26. Juli 2023 mit dem Militärputsch gegen den gewählten Präsidenten Mohamed Bazoum aus. Die ECOWAS-Staaten drohen mit einer militärischen Intervention, um die Putschisten zu stürzen.

Für alle Länder des Maghreb, aber auch Europa, birgt die Krise nach mehreren Militärputschen in Westafrikaeine eine Reihe von Risiken. Darunter verstärkte Migrationsströme aus der Sahelzone, eine wachsende terroristische Bedrohung an den Südgrenzen Algeriens aber auch Marokkos und Tunesien sowie insgesamt für Mauretanien. Hinzu kommt eine größere Präsenz russischer Söldnertruppen und ein umfassender bewaffneter Konflikt, sollte die ECOWAS tatsächlich Truppen entsenden.

Bina – Bewegung wirft V.A.E vor, Tunesien finanziell zur Normalisierung der Beziehungen mit Israel bewegen zu wollen.

Der Chef von El Bina habe seine Zuhörer an einen kürzlichen Besuch in Tunesien erinnert, um „die Normalisierung zu erkaufen“. Damit bezog er sich süffisant und unmissverständlich auf den Besuch von Scheich Shakhbout bin Nahyan Al Nahyan, Mitglied des Ministerrats und Staatsminister der Vereinigten Arabischen Emirate V.A.E, in Tunis.

Vor einer Woche war der Spitzenpolitiker der V.A.E vom tunesischen Präsidenten Kais Saied empfangen worden. Tunesien befindet sich derzeit in einer schweren wirtschaftlichen und politischen Krise. Für Bengrina wird die Normalisierung der Beziehungen zwischen Israel und Tunesien „schnell, sehr schnell“ kommen.

Mit Blick auf eine mögliche Normalisierung der Beziehungen zwischen Tunesien und Israel sagte er laut TSA „Ich weiß, was ich sage: Wenn Tunesien sich der Normalisierungsfront anschließt, wird Algerien von der israelischen Bedrohung umgeben sein”, womit er die Argumentation der Regierung von Präsident Tebboune aufgreift, die immer wieder von einer Verschwörung Israels und Marokkos gegen Algerien spricht.

Er verwies auf eine mutmaßliche Präsenz Israels an den westlichen Grenzen nach der Normalisierung der Beziehungen zu Marokko, auf mutmaßliche Pläne Israels, mit Hilfe der Vereinigten Arabischen Emirate in Niger und Mauretanien Fuß zu fassen, und auf die mutmaßliche Präsenz Israels in Libyen, das eine 1000 Kilometer lange gemeinsame Grenze mit Algerien hat. Laut Bengrina haben Marschall Haftar, der starke Mann im Osten Libyens, und sein Sohn sogar Verbindungen zu Israel.

In seiner detaillierten Analyse der Gefahren für Algerien verwies er anklagend auf die Vereinigten Arabischen Emirate. Sie seien das trojanische Pferd Israels im Maghreb, im Sahel und in der arabischen Welt. Den Namen des Landes nannte er aber nicht explizit, doch allen Zuhören war klar, um welches Land es ihm ging.

Als Beleg für seine Aussagen verwies er auf Presseberichte über Pläne der Emirate, in Mauretanien einen Flughafen zu bauen, der von Israel genutzt werden könnte. Er erwähnte auch die kürzliche Reise eines mauretanischen Beamten nach Israel. Diese Reise sei von Abu Dhabi organisiert worden.

Bengrina wies nachdrücklich auf das Land hin, dessen Namen er nicht nennen wollte. Es sei in die Krisen in Libyen, im Sudan, im Jemen und zwischen Katar und Saudi-Arabien verwickelt. „Hinter der Krise zwischen Katar und Saudi-Arabien und der Allianz zwischen Ali Abdallah Saleh und den Huthis im Jemen steht ein Golfstaat“, sagte er.

Tunesien wirtschaftlich von Algerien abhängig.

Ob Tunesien diesen Schritt tatsächlich wagen kann, ist fraglich. Die tunesische Wirtschaft ist vom Nachbarn Algerien in einem signifikanten Ausmaß abhängig. Dies gilt für den Tourismus genauso wie für die Vergabe von Krediten. Doch die größte Abhängigkeit besteht im Energiesektor. Neben der Lieferung von Gas sowie der Durchleitung von Gas von Algerien nach Italien und den damit einhergehenden Durchleitungsgebühren kommt ein Großteil des Stroms aus dem Nachbarland.
Zuletzt wuchs die Strommenge aus Algerien nochmals deutlich an. Eine Anerkennung Israels oder zumindest die Aufnahme von Beziehungen durch Tunesien würde Algerien sehr verärgern. Politisch ist der Einfluss groß, was beim TICAD Gipfel im August 2022 deutlich wurde. Auf Wunsch Algeriens hatte der tunesische Präsident den Anführer der Frente Polisario zum Wirtschaftsgipfel mit Japan eingeladen und wie einen Staatsführer empfangen, trotz Warnungen aus Tokio und ablehnende Signale aus Rabat. Die Folge war der Ausbruch einer schweren diplomatischen Krise zwischen Tunesien und Marokko. Beide Länder zogen ihre Botschafter aus dem jeweiligen Land zurück und diese sind seitdem auch nicht wieder zurückgekehrt.

Tunesien – Japan verspricht auf TICAD-Gipfel 30 Mrd. US-Dollar Investitionen in afrikanische Länder.

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