Der algerische Präsident wirft den Vereinigten Arabischen Emiraten vor, sich in innere Angelegenheiten einzumischen – ein weiterer Tiefpunkt in den ohnehin angespannten Beziehungen zwischen Algier und Abu Dhabi.
Algier – Die diplomatischen Beziehungen zwischen Algerien und den Vereinigten Arabischen Emiraten (VAE) stehen erneut auf dem Prüfstand. In einer Rede am Donnerstag im Hauptquartier des algerischen Verteidigungsministeriums richtete Präsident Abdelmadjid Tebboune deutliche Worte an ein ungenanntes Land aus dem Golfraum – ein Hinweis, der nach übereinstimmenden Einschätzungen algerischer Medien klar auf Abu Dhabi zielt. Laut dem Nachrichtenportal TSA Algérie sprach Tebboune von einem Staat, der „in unser Haus kommt, um Unruhe zu stiften“ und sich „in Dinge einmischt, die selbst Großmächte nicht tun dürfen“.
Auch wenn der Präsident den Namen der VAE nicht ausdrücklich nannte, ließen seine Formulierungen kaum Zweifel am Adressaten. Bereits in der Vergangenheit hatte Tebboune ähnliche Vorwürfe gegen ein „Golf-Land“ erhoben, das sich in die inneren Angelegenheiten Algeriens einmische.
Abkühlung einer einst pragmatischen Partnerschaft
Die Beziehungen zwischen Algier und Abu Dhabi galten über Jahre als stabil und von wirtschaftlichen Interessen geprägt. Die Emirate investierten in algerische Infrastruktur- und Energieprojekte, während Algerien auf Kooperation im Handels- und Sicherheitsbereich setzte. Doch seit einiger Zeit ist das Verhältnis belastet.
Analysten führen die Spannungen auf unterschiedliche geopolitische Positionen in Nordafrika und im Nahen Osten zurück. Während Algerien in regionalen Konflikten, etwa in Libyen, auf politische Lösungen und nationale Souveränität pocht, unterstützen die VAE teils Akteure, die Algier kritisch sieht. Diese Divergenzen haben die Vertrauensbasis offenbar nachhaltig erschüttert.
Kritik auch aus der algerischen Politik
Nicht nur der Präsident äußerte sich kritisch gegenüber Abu Dhabi. Laut TSA Algérie sprach sich die Politikerin Louisa Hanoune, Generalsekretärin der Arbeiterpartei, für einen vollständigen diplomatischen Bruch mit den Emiraten aus und forderte einen Stopp von Investitionen aus dem Golfstaat in Algerien.
Auch Abdelkader Bengrina, Vorsitzender der Bewegung El-Bina, kritisierte offen die „Rolle Abu Dhabis in der Region“ und warf den Emiraten vor, politische Einflussnahme zu betreiben.
Diese Stimmen deuten darauf hin, dass die Skepsis gegenüber den VAE in verschiedenen politischen Lagern des Landes wächst – auch wenn die algerische Regierung bisher keinen formellen Schritt zu einer Verschärfung der diplomatischen Beziehungen unternommen hat.
Eine Krise mit regionalen Implikationen
Die anhaltenden Spannungen zwischen Algier und Abu Dhabi haben über die bilateralen Beziehungen hinaus eine geopolitische Dimension. Algerien sieht sich traditionell als unabhängiger Akteur in der arabischen Welt und legt Wert auf Nichteinmischung in innere Angelegenheiten anderer Staaten – ein Grundsatz, den Tebboune in seiner Rede erneut betonte.
Für die Vereinigten Arabischen Emirate, die in den vergangenen Jahren ihren außenpolitischen Einfluss in Nordafrika ausgeweitet haben, steht hingegen die strategische Positionierung in einer Region im Vordergrund, in der wirtschaftliche und sicherheitspolitische Interessen eng miteinander verknüpft sind.

