Der amtierende Präsident Kais Saied soll laut einer Nachwahlbefragung 89,2% der abgegebenen Stimmen erhalten und damit die Präsidentschaftswahlen 2024 gewonnen haben.
Tunis – Offizielle Ergebnisse der gestrigen Präsidentschaftswahlen in Tunesien werden erst am Mittwoch erwartet. Das tunesische Staatsfernsehen veröffentlichte jedoch bereits am späten Abend die Ergebnisse einer Nachwahlbefragung des Meinungsforschungsinstituts Sigma. Demnach gaben 89,2% der Wählerinnen und Wähler, die an der Abstimmung teilgenommen haben, an, für den amtierenden Präsidenten Kais Saied gestimmt zu haben.
Der Kandidat Ayachi Zammal sei mit 6,9% der Stimmen auf dem zweiten Platz und Zuhair Al-Maghzawi auf dem dritten Platz mit 3,9% der Stimmen gelandet. Ein Stimmenverhältnis, dass an das Ergebnis der Präsidentschaftswahlen im Nachbarland Algerien vor einem Monat erinnern.
Sollte das offizielle Wahlergebnis, das von der nationalen Wahlbehörde ISIE bekanntgegeben wird, ähnlich der Nachwahlbefragung der Sigma Conseil Foundation ausfallen, wäre dies ein deutlicher Stimmengewinn für Saied. Im Jahr 2019 gewann er die Stichwahl mit 59% der Stimmen.
Vergleichsweise geringe Wahlbeteiligung
Der Wahlsieg des amtierenden Präsidenten, der für eine zweite Amtszeit antrat, galt als sehr wahrscheinlich. Die Rahmenbedingungen für mögliche Gegenkandidaten waren zuvor sehr schwierig gestaltet worden. Von mehr als einem Dutzend Kandidaten wurden nur drei von der Wahlbehörde zugelassen. Neben dem amtierenden Präsidenten konnte nur ein weiterer Kandidat in den kurzen Wahlkampf einsteigen, da der andere inhaftiert wurde.
Bei den Präsidentschaftswahlen 2019 lag die Wahlbeteiligung im ersten Wahlgang bei 49% und in der Stichwahl bei 55%. Bei den gestrigen Wahlen 2024 betrug die offizielle Wahlbeteiligung laut ISIE nur 27,7%.
Im Jahr 2019 verhalfen vor allem junge Menschen unter 35 Jahren Präsident Saied zum Wahlsieg, da sie ihn als Vertreter ihrer Interessen und Verbündeten im Kampf gegen Korruption sahen. Diese Hoffnung konnte Saied jedoch nicht erfüllen. Stattdessen zeigt er zunehmend autoritäre Tendenzen. Auch in diesem Wahlkampf versuchte er, durch die Skizzierung von äußeren und inländischen Bedrohungen Stimmen zu gewinnen. Doch dieses Mal wandten sich gerade die jungen Menschen von ihm ab. Die Wahlbeteiligung unter den jungen Menschen lag bei nur 6%. Diese geringe Beteiligung kann als Abkehr vom Präsidenten und als Ausdruck der Resignation gegenüber der politischen Klasse gewertet werden, da die jungen Menschen auch keinem anderen Kandidaten ihre Stimme gaben.