StartGesellschaftMarokko – Reform des Strafgesetzbuchs bis April 2023

Marokko – Reform des Strafgesetzbuchs bis April 2023

Keine Ankündigung zu den Themen der "Außerehelichen Beziehungen" und der Frauenrechte.

Justizminister kündigt Entwurf eines reformierten Strafgesetzbuchs mit neuen Regelungen zum Schwangerschaftsabbruch und zur Todesstrafe für Q2 2023 an.

Rabat – Marokkos politische Parteien und gesellschaftliche Strömungen ringen bereits seit einigen Jahren, um eine Reform des Strafgesetzbuches.

Die Rechtsformen in dem nordafrikanischen Königreich basieren grundsätzlich auf dem islamischen Recht, der Scharia. Zugleich ist der Einfluss der Kolonialzeit unübersehbar. In den letzten beiden Jahrzehnten hat sich das Land zur Umsetzung zahlreicher Abkommen verpflichtet, die Einfluss genommen haben, so z.B. bei der grundsätzlich weiterhin vorgesehenen Todesstrafe, die immer wieder ausgesprochen wird, aber seit ca. 20 Jahren nicht mehr vollstreckt wurde.

Der Druck auf die bisherigen Regierungen, sei es unter Benkirane, El Othmani oder jetzt Akhanouch steigt von Jahr zu Jahr, das Strafgesetzbuch zu reformieren und auch an neue gesellschaftliche Strömungen anzupassen.

Genau hier liegt eine besondere Schwierigkeit. Die gesellschaftlichen Strömungen gehen deutlich auseinander. Während das öffentliche Leben deutlich konservativer erscheint, wird der Ruf nach mehr individueller Freiheit, insbesondere bei der Jugend, immer größer. Auch um die Attraktivität für ausländische Investoren und für MRE zu steigern, werden Anpassungen gefordert.

Kommission soll Reform des Strafgesetzbuches ausarbeiten.

Gegenüber der marokkanischen Tageszeitung Al Ahdath Al Maghribia erklärte der Justizminister Abdellatif Ouahbi, dass die eingesetzte Kommission, die den Entwurf des Strafgesetzbuches ausarbeiten soll, ihre Arbeit im April 2023 abschließen könnte. Die Tageszeitung Al Ahdath AL Maghribia berichtete in ihrer Ausgabe vom Dienstag, den 11. Oktober 2022, dass der Minister darauf hinwies, dass sich mehrere Mitglieder der Kommission hinsichtlich ihrer Positionen festgefahren haben, je nachdem, welchen politischen Hintergrund die einzelnen Mitglieder haben, ob sie konservativ oder reformfreudig sind. Aus diesem Grund, so fügte er hinzu, erfordere die Ausarbeitung dieses Entwurfs einen starken Konsens trotz heftiger Debatten.

Alternative Sanktionen sollen Gefängnisse entlasten.

Das Ministerium, so Ouahbi weiter in einem Beitrag für den Radiosender „Aswat“, bevorzugt eine vollständige Ausarbeitung der Reform der Zivil- und Strafprozessordnung, bevor das Parlament den Entwurf beraten soll. Ouahbi betonte, dass die Kommission bereits neue alternative Strafen, wie die elektronische Fußfessel oder die tägliche Geldstrafe, anstelle des Freiheitsentzugs formuliert habe. Diese alternativen Strafen wurden bereits von der vorherigen PJD geführten Regierung vorgeschlagen, um die Gefängnisse zu entlasten, die durch die Anzahl der Fälle von Untersuchungshaft überfüllt seien.

Neuregelungen zur Todesstrafe und Schwangerschaftsabbrüchen.

Al Ahdath Al Maghribia hebt hervor, dass Ouahbi darüber hinaus klargestellt hat, dass die Kommission Vorschläge für die Voraussetzungen eines freiwilligen Schwangerschaftsabbruchs sowie für die Todesurteile machen soll, die eingefroren sind, obwohl sie von den Gerichten nach wie vor verhängt werden.

Die derzeitige Regierung Akhannouch hatte kurz nach der Regierungsübernahme beschlossen, den Entwurf zurückzuziehen, nachdem er fünf Jahre lang im Parlament gelegen hatte. Regierungssprecher Mustapha Baitas hatte erklärt, dass die Regierung mit der Rücknahme des Textes aus dem Parlament einen vollständigen Gesetzesentwurf vorlegen wolle, der der Bedeutung des Themas angemessen sei. Regierungssprecher Baitas fügte hinzu, dass die Ausarbeitung dieses Entwurfs eine Abstimmung mit den verschiedenen Akteuren wie dem Obersten Rat der Justiz, der Staatsanwaltschaft und den Anwälten erfordere.

Keine Ankündigung zu den Themen der „Außerehelichen Beziehungen“ und der Frauenrechte.

In den bisherigen Stellungnahmen ging der Justizminister nicht auf zwei wesentliche Themen ein, die zuletzt an Bedeutung in der gesellschaftlichen Diskussion bekamen. So forderten zahlreiche Organisationen die Abschaffung der sog. Moralparagraphen, die z.B. sexuelle Beziehungen außerhalb der Ehe unter Strafe stellen. Genauso prangern zahlreiche Initiativen das Verbot der gleichgeschlechtlichen Partnerschaften an. Alles Paragraphen die ihren Ursprung in der Kolonialzeit haben und zuletzt immer wieder zu Strafverfahren, Anklagen oder Urteile nicht nur gegen vor allem junge Menschen, sondern auch gegen bekannte Kritiker, Aktivisten oder Journalisten führten.

Der Justizminister sprach auch keine mögliche Anpassung von Strafregelungen im Zusammenhang mit dem Schutz von Frauen an. In seiner Thronrede legte König Mohammed VI. ein Augenmerk auf die Rechte der Frauen. Dabei bezog er sich zwar vor allem auf das Familienrecht, doch er forderte eine allgemeine Stärkung der Rechte der Frauen, zu denen sicherlich auch ein besserer Schutz vor Gewalt gehört, womit dieser Aspekt teil der Strafrechtsreform werden müsste.

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