König Mohammed VI. lässt Kandidatur Marokkos mit seinen europäischen Nachbarländern in Kigali während einer Veranstaltung der CAF verkünden.
Rabat – Nun ist es offiziell. Im Rahmen der Feierlichkeiten zum Excellence Award 2022 des afrikanischen Fußballverbandes CAF in Kigali hat König Mohammed VI. in seiner Grußbotschaft mitteilen lassen, dass Portugal, Marokko und Spanien sich gemeinsam als Gastgeber und Austragungsort für die FIFA-Fußballweltmeisterschaft 20230 bewerben werden. „Ich möchte vor dieser Versammlung ankündigen, dass das Königreich Marokko beschlossen hat, sich gemeinsam mit Spanien und Portugal um die Ausrichtung der Fußballweltmeisterschaft 2030 zu bewerben“, ließ König Mohammed VI. in einer Botschaft anlässlich der Verleihung des „Preises für herausragende Leistungen 2022“ des afrikanischen Fußballverbandes verlesen.
Damit haben sich die bisherigen Gerüchte rund um eine mittelmeerübergreifende Bewerbung bestätigt. Erst vor wenigen Tagen konkretisierten sich erste Erwartungen, dass die Ukraine sich nicht mehr an der Bewerbung mit Portugal und Spanien beteiligen würde und dafür Marokko als dritte Partner einsteigen könnte.
König verweist auf den verbindenden Charakter der gemeinsamen Bewerbung.
„Diese gemeinsame Bewerbung, die in der Geschichte des Fußballs beispiellos ist, wird Afrika und Europa, den nördlichen und den südlichen Mittelmeerraum sowie die afrikanische, die arabische und die euro-mediterrane Welt zusammenbringen“, lies der Monarch in seiner Botschaft verkünden, die vom Minister für nationale Bildung, nationale Ausbildung und Sport, Chakib Benmoussa, in Kigali verlesen wurde.
Der Souverän führte weiter aus, dass diese Kandidatur „auch das Beste in uns allen zum Vorschein bringen wird – in der Tat eine Kombination aus Genie, Kreativität, Erfahrung und Mitteln.“
Marokko versucht es erneut.
Das nordafrikanische Königreich Marokko und König Mohammed VI. versuchen seit Jahrzehnten eine Wahl als Gastgeber der FIFA-WM zu gewinnen. Alleine ist man immer wieder gescheitert, so 2006 gegen Deutschland, dann gegen Südafrika und zuletzt gegen Qatar und der gemeinsamen Bewerbung von Mexiko, USA und Kanada für 2026. Nun will das Land, dass als Fußballbegeistert gilt und mit seinem Abschneiden in Qatar mit Platz vier auch international Aufmerksamkeit auf sich ziehen konnte, endlich das größte Sportereignisse, gemeinsam mit Olympia, ins Land holen. Auch die Idee einer gemeinsamen Bewerbung mit Spanien und Portugal ist nicht neu. Gleichzeitig hofften viele Maghrebiner auf eine gemeinsame Bewerbung von Algerien, Marokko und Tunesien. Diese Idee hat aber, angesichts der politischen Umwälzungen und der angespannten wirtschaftlichen Lage in Tunesien, so wie den Spannungen zwischen Algerien und Marokko, kaum eine Chance auf Realisierung.
Marokko teilweise schon gerüstet. Kritischer Beobachtung der Verhältnisse im Königreich ist zu erwarten.
In den vergangenen 20 Jahren hat Marokko einen deutlichen Fortschritt bei der Infrastruktur erlebt. Auch die Fußballinfrastruktur wurde ausgebaut. In zahlreichen Städten wurden freie und öffentliche Sportplätze eingerichtet, eine neue Fußballakademie in Rabat wurde gegründet und die zahlreichen Fußballvereine haben nach dem überraschend erfolgreichen Abschneiden der Nationalmannschaft in Qatar 2022 einen deutlich gestiegenen Zulauf von jungen Spielern erlebt, so dass es an neuem Nachwusch nicht mangeln wird.
Zugleich besitzt Marokko mindesten vier Stadien auf internationalem Niveau, wie die FIFA Clubweltmeisterschaft Anfang des Jahres, die in Marokko ausgetragen wurde, zeigte.
Praktisch sofort könnte Marokko vier Stadien in Tanger, Casablanca, Rabat und Marrakech zur Verfügung stellen. Auch Transportkapazitäten für Mannschaften und Zuschauer ständen zwischen den Städten zur Verfügung. Die Flughäfen wurden erneuert oder werden gerade, wie in Rabat, neu gebaut und alle genannten Städte verfügen über einen Anschluss an das Eisenbahnnetz. Bis 2030 könnte neben Tanger, Rabat und Casablanca auch Marrakech an das erste afrikanische Eisenbahn – Hochgeschwindigkeitsnetz angeschlossen sein. Womöglich müsste noch in die Transportkapazitäten investiert werden.
Einzig in die Beherbergung, die medizinische Versorgung wie auch den öffentlichen Transport von Gästen an den Austragungsorten müsste das Land investieren. So verfügen derzeit lediglich Rabat und Casablanca über Straßenbahnen, die noch nicht an die Stadien angeschlossen sind. Tanger und Marrakech besitzen ein solches massentaugliches öffentliches Transportmittel noch nicht.
Die gemeinsame Bewerbung vermindert bei allen Beteiligten den Investitionsdruck und erhöht die Chancen auf eine finanzierbare und ökologisch tragfähige Ausrichtung einer FIFA – Fußballweltmeisterschaft und in Marokko könnte ein erneuter Schub für die Infrastruktur ausgelöst werden.
Angesichts der Erfahrungen, die Qatar gemacht hat, muss sich das Land, das eine Monarchie mit einem allmächtigen Monarchen ist, auf eine kritische Beobachtung der sozialen, wirtschaftlichen und politischen Verhältnisse vorbereiten. Auch im Inland wird die Diskussion über Sinn und Unsinn sowie über Prioritäten von Investitionen neu beginnen.