Nach rund einem Jahr der Vakanz entsendet der König eine Botschafterin nach Paris. Einleitung von Tauwetter für die diplomatische Eiszeit zwischen Frankreich und Marokko. Botschafterin Samira Sitaïl tritt ein schweres Amt an.
Rabat – Im Zusammenhang der letzten Ministerratssitzung vom vergangenen Donnerstag wurden mehrere neue Botschafterinnen und Botschafter von König Mohammed VI. ernannt. Insgesamt wurden auf Vorschlag des marokkanischen Außenministeriums und dem Büro des Premierministers sechs neue Botschaftsposten verabschiedet.
Es sind:
- Ahmed Tazi, Botschafter in den Vereinigten Arabischen Emiraten.
- Fouad Akhrif, Botschafter im Haschemitischen Königreich Jordanien.
- Mohamed Ait Ouali, Botschafter in der Arabischen Republik Ägypten.
- Abdelkader El Ansari, Botschafter in der Volksrepublik China.
- Youssef Amrani, Botschafter in den Vereinigten Staaten von Amerika.
- Samira Sitaïl, Botschafterin in der Französischen Republik.
Die wichtigsten neuen Abgesandten des Königreichs Marokko sind sicherlich Youssef Amrani (USA) und Samira Sitaïl (Frankreich).
Während sich Botschafter Amrani um den sicherlich wichtigsten und engsten Verbündeten USA kümmern soll, wird es Botschafterin Sitail mit einer schwierigen diplomatischen Situation zu tun bekommen.
Seit rund einem Jahr der Vakanz und der diplomatischen Eiszeit zwischen Paris und Rabat
Die diplomatischen Spannungen zwischen Frankreich und Rabat sind derzeit verhältnismäßig groß und sollen mit der Pegasus-Affäre ihren konkreten Anfang genommen haben, gehen aber darüber hinaus.
Während Frankreich versucht, seinen schwindenden Einfluss auf Afrika zu verlangsamen und Präsident Macron es sich zur Aufgabe gemacht hat, sich ausgerechnet dem Rivalen Algerien anzunähern, demonstriert Rabat sein neues Selbstbewusstsein und zeigt nicht nur der ehemaligen Kolonialmacht die aktuellen Grenzen seines Einflusses auf die Region auf, sondern setzt Paris buchstäblich unter Druck, dem Vorbild Spaniens zu folgen und sich ebenfalls wesentlich deutlicher für die territoriale Integrität des Königreiches inklusive der Westsahara / marokkanische Sahara auszusprechen.
Doch nachdem Frankreich und Präsident Macron den Versicherungen der marokkanischen Regierung, zunächst unter Premierminister El Othmani und dann Regierungschef Akhannouch, sowie nach unbestätigten Meldungen einer direkten Zusicherung von König Mohammed VI. an Präsidenten Macron keinen Glauben schenken wollte, dass es keine geheimdienstlichen Abhörmaßnahmen von Seiten des Königreiches unter Einsatz der israelischen Software Pegasus gegen den französischen Staatschef gegeben hat, wurde der marokkanische Botschafter Mohamed Benchaboun zwar nicht zurückgerufen, aber mit zusätzlichen Aufgaben betraut, die seine Anwesenheit in Marokko nötig gemacht haben. Diese Anwesenheit dauerte fast ein Jahr, bis Herr Benchaboun, lange auch marokkanischer Finanzminister unter Premierminister El Othmani, von seinen Pflichten als Botschafter entbunden wurde und nun den neuen König Mohammed VI. Investitionsfond leitet. Seitdem gab es in Frankreich keinen offiziellen Botschafter Marokkos, was man in Rabat als deutliches Signal an Frankreich verstanden wissen wollte.
Eiszeit soll überwunden werden.
Obwohl sich an der Gesamtsituation der Misstöne nichts geändert hat, die Kritik an Marokko in den französischen Medien teils einen erstaunlichen Umfang bekam, sich Angriffe gegen die in Frankreich lebende marokkanische Gemeinde häufen, die Empörung groß war, als Marokko die Hilfsangebote nach dem schweren Erdbeben vom 8. September 2023 aus Frankreich nicht in Anspruch nahm und Präsident Macron meinte, sich direkt per Videobotschaft an das marokkanische Volk wenden zu können, was im Königreich teils als Affront gewertet wurde, und die Medien auch vor direkten Angriffen gegen König Mohammed VI. nicht zurückschreckten, soll die diplomatische Eiszeit möglicherweise jetzt überwunden werden.
Marokko – Regierung widerspricht anstehendem Staatsbesuch von Macron
Der Preis für Frankreich könnte hoch werden.
Dabei geht es, neben wirtschaftlichen Interessen auch um die Aufrechterhaltung des gemeinsamen Kampfes gegen den Terrorismus, bei dem Marokko als wichtiger Partner der EU gilt.
Frankreich ist nicht mehr der wichtigste Handelspartner Marokkos, das ist inzwischen Spanien, aber immer noch eines der größten investierten Länder in dem Königreich, so dass die französischen Banken und sonstigen Unternehmen, nicht zuletzt der Renault-Konzern sowie TOTAL Energie, dem Präsidenten zunehmend Druck machen sollten, eine Lösung anzustreben.
Zugleich wächst auch die Kritik an Macron´s Afrika- und vor allem Nordafrikapolitik.
Während es nicht gelingt aus Algerien einen Verbündeten zu machen, entfernt sich gleichzeitig Marokko zunehmend von Frankreich. Zugleich wird Frankreich aus weiteren afrikanischen Ländern und ehemaligen Kolonien regelrecht vertrieben.
Noch schlimmer für Paris, nach der Normalisierung der Beziehungen zu Israel, die derzeit durch die Gewalt im Heiligen Land belastet sind, sowie der formellen Anerkennung des marokkanischen Hoheitsanspruchs auf die Westsahara / marokkanische Sahara durch Tel Aviv, ist der Preis für eine Wiederannäherung für Macron gestiegen.
Die Europäische Union, die nicht zuletzt auch auf Betreiben von französischen Abgeordneten über das EU-Parlament das Königreich in mindestens zwei Resolutionen wegen einer eingeschränkten Pressefreiheit und Verstößen gegen Menschenrechte verurteilt hatte, macht sich zunehmend Sorgen darüber, dass ein für die Energiesicherheit der Zukunft entscheidender Partner sich auch mit China und Russland austauscht und sich in der Frage der Verurteilung Russlands im Kontext des Ukrainekriegs zurückgehalten hat, wie viele Länder Afrikas und der arabischen Welt auch.
Vor allem währen der Präsidentschaft von Emanuel Macron wurde viel Porzellan zerbrochen, was jetzt entweder nur langsam gekittet werden kann oder dessen Neuanschaffung für Frankreich teuer werden wird. In Rabat erwartet man von seinem einst engen Verbündeten eigentlich nichts Geringeres, als dem Beispiel der USA und Israels zu folgen und den Hoheitsanspruch Marokkos auf die Westsahara / marokkanische Sahara anzuerkennen oder zumindest dem Beispiel Spaniens zu folgen und den von Marokko für die Region bereits 2007 vorgelegten Autonomieplan unter marokkanischer Souveränität als einzige Lösung anzuerkennen, was einer Anerkennung des Anspruchs Rabats nahezu gleichkommen würde.
Vor allem währen der Präsidentschaft von Emanuel Macron wurde viel Porzellan zerbrochen, was jetzt entweder nur langsam gekittet werden kann oder dessen Neuanschaffung für Frankreich teuer werden wird. In Rabat erwartet man von seinem einst engen Verbündeten eigentlich nichts Geringeres, als dem Beispiel der USA und Israels zu folgen und den Hoheitsanspruch Marokkos auf die Westsahara / marokkanische Sahara anzuerkennen oder zumindest dem Beispiel Spaniens zu folgen und den von Marokko für die Region bereits 2007 vorgelegten Autonomieplan unter marokkanischer Souveränität als einzige Lösung anzuerkennen, was einer Anerkennung des Anspruchs Rabats nahezu gleichkommen würde.
Gelassenheit in Rabat.
Das nordafrikanische Königreich hat es nicht eilig und ist auch nicht um jeden Preis daran interessiert, die Spannungen abzubauen. In Marokko verfolgt man im Palast eine langfristige Politik. Bewegt sich Präsident Macron nicht auf Marokko zu, wird vor allem das Königshaus einfach abwarten, bis ein neuer Präsident gewählt wird. Vielleicht wieder einer aus den Reihen der Konservativen, die derzeit die schärfsten Kritiker von Präsident Macron in Bezug auf seine Afrikapolitik sind. Bis dahin gehen wichtige Aufträge rund um die marokkanische Infrastruktur, Hochgeschwindigkeitsschienennetz und auch im Rahmen der Vorbereitungen zur FIFA-WM 2030 eben nicht an französische Unternehmen, sondern an China, Korea oder gar an Deutschland.
Vor diesem komplexen Hintergrund tritt nun die neue Botschafterin ihr Amt an.