Jardin Majorelle – die Oase der Ruhe und der Vielfalt in mitten der lebendigen roten Königsstadt Marrakech. Würdigung zum 100-jährigen Jubiläum.
Marrakech – Inmitten des geschäftigen Treibens von Marrakech, der oft als „Perle des Südens“ bezeichneten roten Königstadt an den Ausläufern des Atlasgebirges, verbirgt sich eine Oase der Ruhe, der Farbenpracht und der Vielfalt. Gemeint ist der weltbekannte Jardin Majorelle.
Dieser weltberühmte Garten, der in diesem Jahr sein 100-jähriges Bestehen feiert, ist nicht nur ein Meisterwerk der Gartenkunst, sondern auch ein symbolträchtiger Ort, der die kulturellen und historischen Fäden der Stadt auf spannende Weise miteinander verbindet. Im Laufe eines Jahrhunderts hat der Jardin Majorelle eine außergewöhnliche oder auch ungewöhnliche Entwicklung durchlaufen, die ihn zu einem der wichtigsten und meistbesuchten Sehenswürdigkeiten in Marokko gemacht hat.
Ein Künstlertraum wird Wirklichkeit.
Der Jardin Majorelle trägt den Namen seines Schöpfers, des französischen Künstlers Jacques Majorelle. Geboren im Jahr 1886 in Nancy, Frankreich, war Majorelle zunächst als Maler bekannt, dessen Werke von der Faszination für den Orient geprägt waren. Nachdem er 1919 aus gesundheitlichen Gründen nach Marokko zog, war es die Stadt Marrakech, die ihn in ihren Bann zog. Inspiriert von den Farben und Formen der marokkanischen Landschaft, erwarb er 1923 ein großes Grundstück am damaligen Stadtrand von Marrakech, um dort nicht nur ein Atelier, sondern auch einen Garten anzulegen, der sich als seine größte künstlerische Schöpfung herausstellen sollte.
Jacques Majorelle könnte nicht nur versucht gewesen sein, einen Garten zu erschaffen, sondern eine lebendige Leinwand, auf der Pflanzen aus allen Teilen der Welt zusammenfinden. Über mehrere Jahrzehnte hinweg ließ er seltene Pflanzen herbeibringen, darunter Kakteen, Bougainvilleen, Bambus, Palmen und exotische Wasserpflanzen, die er sorgfältig um ein zentrales Wasserbecken herum arrangierte. Das Herzstück des Gartens wurde jedoch das Atelier Majorelles, das er in einem satten, leuchtenden Blau streichen ließ – ein Farbton, der später als „Majorelle-Blau“ weltberühmt werden sollte.
Der Garten nach Majorelle – vom Verfall zur Rettung
Nach einem schweren Autounfall im Jahr 1955 und Majorelles Tod 1962 geriet der Garten allmählich in Vergessenheit. Seine Erben, die nicht über die Mittel verfügten, um den aufwendigen Garten zu erhalten, ließen das Anwesen verfallen. Der Jardin Majorelle drohte, von den Kräften der Zeit verschlungen zu werden. Der damalige Zeitgeist kam dann aber dem in Vergessenheit geratenen Garten zur Hilfe. Marrakech entwickelte sich in den 1960er und 1970er Jahren zu einem sehr beliebten Reiseziel und Rückzugsort für die sog, Reichen, Berühmten und Schönen der damaligen Zeit. Darunter der Frontman der Rolling Stones, Mick Jagger, Paul Getty Jr und seine Frau und damalige Silikone Talitha Getty oder auch Winston Churchill, der britische Premierminister im Zweiten Weltkrieg.
Doch dann traten zwei Menschen auf den Plan, die das Schicksal des Gartens für immer verändern sollten. Gemeint sind der französische Modedesigner Yves Saint Laurent und sein Lebensgefährte Pierre Bergé. Die beiden hatten Marrakech bereits in den 1960er Jahren für sich entdeckt, als sie Teil des internationalen Jetsets waren und besaßen in der Nähe eine Villa. Der Jardin Majorelle war ihnen bei einem ihrer Besuche aufgefallen, und sie hätten sich sofort in seine Schönheit verleibt. Als sie erfuhren, dass das Anwesen 1980 zum Verkauf stand, hätten sie keine Sekunde gezögert und das Grundstück erworben, um es vor der Zerstörung zu retten.
Der Jardin Majorelle als Ort der Inspiration
Mit der Übernahme durch Yves Saint Laurent und Pierre Bergé begann eine neue Ära für den Jardin Majorelle. Die beiden setzten umfangreiche Restaurierungsarbeiten in Gang, die darauf abzielten, den Garten in seiner ursprünglichen Pracht wiederherzustellen und ihn für die Öffentlichkeit zugänglich zu machen. 1980 öffnete der Garten erstmals seine Tore für Besucher.
Unter der Leitung von Saint Laurent und Bergé wurde der Jardin Majorelle nicht nur zu einem gepflegten botanischen Garten, sondern auch zu einem Ort der künstlerischen und kulturellen Inspiration. Yves Saint Laurent selbst habe in den Farben und Formen des Gartens immer wieder Anregungen für seine Modekollektionen gefunden. Das berühmte Majorelle-Blau, das in den Mauern, Brunnen und Gefäßen des Gartens dominiert, lässt sich häufig in seinen Designs wiederfinden. Der Garten wurde zu einem Ort der Ruhe und der Besinnung, aber auch zu einem Ort, an dem Kunst und Natur auf faszinierende Weise miteinander verschmelzen können.
Ein kulturelles Wahrzeichen und Touristenmagnet
Heute ist der Jardin Majorelle weit mehr als nur ein Garten. Er ist ein kulturelles Wahrzeichen Marrakeschs und ein bedeutender Anziehungspunkt für Touristen aus aller Welt. Jährlich besuchen Hunderttausende Menschen den Jardin Majorelle, um in seinen stillen Pfaden zu wandeln, die exotische Pflanzenwelt zu bewundern und die intensive Farbpalette des Gartens zu genießen. Seine Bedeutung für den Tourismus in Marrakesch ist nicht zu unterschätzen. Der Jardin Majorelle zählt heute zu den meistbesuchten Sehenswürdigkeiten Marokkos und trägt erheblich zur Attraktivität der Stadt bei.
In den letzten Jahren sollen sich die Besucherzahlen im Durchschnitt auf etwa 800.000 bis 900.000 Besucher pro Jahr eingependelt haben. In einigen Spitzenjahren seien sogar mehr als 900.000 Gäste gezählt worden, was die enorme Anziehungskraft dieses Gartens verdeutlicht.
Der Garten ist auch ein Ort der Kontemplation, der eine willkommene Auszeit vom lebhaften Treiben der Medina von Marrakesch bietet. Inmitten der hektischen und lauten Straßen von Marrakesch schafft der Jardin Majorelle eine friedliche und meditative Atmosphäre, die Besucher aus aller Welt in ihren Bann zieht. Hier können sie nicht nur die Schönheit der Natur erleben, sondern auch einen Einblick in die künstlerische Vision Jacques Majorelles erhalten, die in jedem Winkel des Gartens spürbar geblieben ist.
Das Yves Saint Laurent Museum und die Zukunft des Gartens
In Bezug auf die Einnahmen gibt es keine genauen, öffentlich zugänglichen Zahlen, jedoch lässt sich basierend auf den Eintrittspreisen und den hohen Besucherzahlen eine Schätzung abgeben. Der Eintritt in den Jardin Majorelle kostet für Erwachsene etwa 150 marokkanische Dirham (MAD), was rund 14 Euro entspricht.
Unter Berücksichtigung dieser Faktoren könnten die jährlichen Einnahmen des Jardin Majorelle auf etwa 10 bis 12 Millionen Euro geschätzt werden, wobei der Großteil dieser Einnahmen aus den Eintrittsgeldern stammt. Ein erheblicher Teil dieser Gelder wird für die Erhaltung des Gartens, den Betrieb des Museums und verschiedene kulturelle und ökologische Projekte verwendet, die durch die Fondation Jardin Majorelle unterstützt werden.
Neben dem Garten selbst gibt es seit 2017 das Yves Saint Laurent Museum, das direkt neben dem Jardin Majorelle errichtet wurde. Neben den Eintrittsgeldern generiert der Garten auch Einnahmen durch das Yves Saint Laurent Museum sowie durch den Verkauf von Souvenirs und Spenden.
Dieses Museum ehrt das Erbe des großen Designers, zeigt seine ikonischen Werke und bietet einen weiteren Anziehungspunkt für Besucher, die sich für Mode und Kunst interessieren. Yves Saint Laurent selbst habe einmal gesagt: „Marrakech lehrte mich die Farben“, und das Museum zeugt von der tiefen Verbindung zwischen dem Designer und dieser Stadt.
Doch der Jardin Majorelle ist nicht nur ein Ort der Vergangenheit. Das Anwesen setzt sich auch für die Zukunft ein, indem es als Beispiel für nachhaltige Gartenpflege und den Schutz der botanischen Vielfalt dient. Heute wird der Garten von der „Fondation Jardin Majorelle“ betreut, einer gemeinnützigen Organisation, die sich um die Erhaltung des Gartens kümmert und gleichzeitig Bildungs- und Umweltprogramme unterstützt.
Ein Garten voller Leben und Geschichte – der Zauber des Jardin Majorelle
Was macht den Jardin Majorelle so besonders, wird man als Besucher im Anschluss gefragt? Es ist der einzigartige Charme, der aus der Harmonie von Kunst und Natur entsteht. Die leuchtenden Farben, die Vielfalt der Pflanzen und das ständige Spiel von Licht und Schatten schaffen eine Atmosphäre, die jeden Besucher in ihren Bann ziehen kann. Der Garten ist nicht nur ein Ort der Schönheit, sondern auch ein Ort der Geschichte und der Erinnerung – an Jacques Majorelle, an Yves Saint Laurent und an die Stadt Marrakech selbst.
Im Jahr 2024, zum 100-jährigen Jubiläum des Jardin Majorelle, blickt Marrakech auf ein Jahrhundert voller Veränderungen, künstlerischer Schöpfungen und kultureller Begegnungen zurück. Der Jardin Majorelle ist heute mehr denn je ein lebendiges Symbol für die Offenheit und Kreativität dieser faszinierenden Stadt. Und auch in den kommenden Jahren wird er Besucher aus aller Welt dazu einladen, seine Pfade zu erkunden, die Farben zu bewundern und sich von seiner einzigartigen Atmosphäre verzaubern zu lassen.
So bleibt der Jardin Majorelle, 100 Jahre nach seiner Gründung, ein unvergleichliches Meisterwerk – ein Ort, an dem Kunst, Natur und Geschichte auf schöne Weise miteinander verschmelzen.
Auf die nächsten 100 Jahre!
