Rangliste von Reporter ohne Grenzen RSF verdeutlicht die schwierige Situation für Medienschaffende, Journalistinnen und Journalisten sowie allg. für die Pressefreiheit und unabhängige Berichterstattung weltweit.
Paris – Am internationalen Tag des Journalismus, der jedes Jahr am 3. Mai begangen wird, veröffentlichte „Reporter ohne Grenzen“ RSF den aktuellen Jahresbericht 2022 zur weltweiten Lage der „Pressefreiheit“. Die Situation für Journalistinnen und Journalisten sowie Medien und Verlage hat sich in den letzten Jahren nicht verbessert. Tatsächlich hat sich die Lage sogar häufig verschlechtert, was sich auch an der aktualisierten Analyse in vermeintlich entwickelten, demokratischen und offenen Staaten und Regionen widerspiegelt.
Alte und neue politische Ideologien, Krisen, Kriege und wiederaufgeflammte Konflikte sowie sich immer schneller verändernde Meldungen und immer häufiger vorsätzlich konstruierte Informationen über die sog. sozialen Medien beeinflussen die weltweite Pressefreiheit und brachten Journalistinnen und Journalisten in vielen Ländern der Welt in Gefahr. Der Kampf um die Informationshoheit wird von Parteien, Lobbygruppen und ganze Regierungen immer intensiver geführt und es wird sich nicht davor gescheut, die Glaubwürdigkeit von Medien gezielt zu untergraben und Unsicherheiten zu verbreiten.
„Morde und Entführungen, Verhaftungen und körperliche Angriffe sind bloß unterschiedliche Ausprägungen desselben Problems: Regierungen, Interessengruppen und Einzelpersonen wollen Medienschaffende mit Gewalt daran hindern, unabhängig zu berichten. Dieses Phänomen beobachten wir in allen Teilen der Welt, ob in Russland, Myanmar oder Afghanistan – oder selbst in Deutschland, wo die Aggressivität gegenüber Journalistinnen und Journalisten auf ein Rekordhoch gestiegen ist“, betont RSF-Vorstandssprecher Michael Rediske auf der Webseite der Organisation.
Lage im Maghreb für Journalisten „besorgniserregend“.
„In den Ländern des Nahen Ostens und Nordafrikas ist die Situation der Medien besorgniserregend. Seit Jahren steht die überwiegende Mehrheit der Länder der Region in der Rangliste auf den hinteren Plätzen. Mehrere Journalistinnen und Reporter wurden im Jahr 2021 bei ihrer Arbeit getötet oder vorsätzlich ermordet“, schreibt RSF unteranderem zur Lage in der Region.
Ernsthaft schlecht bleibe nach Einschätzung von RSF die Situation der Journalistinnen und Journalisten in Algerien (Rang 134 von 180). „Viele Journalistinnen und Reporter wurden inhaftiert, strafrechtlich verfolgt oder mit einem Reiseverbot belegt.“ Hinzu komme nach RSF, dass „mehrere Nachrichtenseiten“ blockiert und „regierungskritische Publikationen“ von Geldflüssen abgeschnitten wurden.
Ähnliches gilt auch für das nordafrikanische Königreich Marokko (Rang 135). Dort gebe es nur noch wenige unabhängige Medien. „Drei große Strafverfahren haben seit 2018 ihre abschreckende Wirkung auf die Presse nicht verfehlt: Taufik Bouachrine, Omar Radi und Souleiman Raissouni wurden unter fadenscheinigen Gründen und trotz internationalen Drucks strafrechtlich verfolgt und inhaftiert“, erinnert RSF.
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Tunesien (94) wird von Reporter ohne Grenzen RSF im Vergleich zu den anderen Maghrebstaaten seit mehreren Jahren auf einem der vorderen Plätze geführt. „Presse- und Informationsfreiheit sind unbestreitbare Errungenschaften der neuen, 2014 verabschiedeten Verfassung.“ Doch seit der Machtanhäufung durch den Präsident Kais Saied in seiner Person im Juli 2021, durch die Ausrufung des Ausnahmezustands, lassen die Sorgen um die Pressefreiheit anwachsen.
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Für die Gesamtsituation macht es auf diesem Niveau kaum etwas aus, wenn sich ein Land um ein paar Plätze verbessert oder verschlechtert.
Journalistinnen, Journalisten, Medien und Verlage werden durch die Bürgerinnen und Bürger gestärkt oder geschwächt.
Wer in diesen Tagen eine Medienschaffende oder ein -schaffender, Journalistin oder Journalist oder Bloggerin oder Blogger ist, spürt in vielen Ländern nicht nur die Repressalien durch wenig der Pressefreiheit positiv gegenüberstehende Systeme oder Regime, sondern auch nicht mehr selten, einer mangelnden Unterstützung oder gar Ablehnung durch die Bürgerinnen und Bürger. Ländern, in denen die Menschen ihre Pressefreiheit wertschätzen, in dem Sie auch bereit sind, für die Bereitstellung von Informationen zu zahlen, ist die Lage für Medien offensichtlich besser.
Wie in den vergangenen Jahren findet man skandinavischen Länder an der Spitze des Rankings von RSF: „Zum sechsten Mal in Folge liegt Norwegen auf Platz 1.“ Dies führt RSF unter anderem auf einen großen Medienpluralismus, großer Unabhängigkeit der Medien von der Politik, starker Informationsfreiheitsgesetze und eines trotz gelegentlicher Online-Attacken journalistenfreundlichen Klimas.“ Auf den folgenden Plätzen findet man „Dänemark (2) und Schweden (3) mit ähnlich guten Voraussetzungen für journalistische Berichterstattung“, so RSF weiter.
„Mit Estland (4) ist erstmals eine ehemalige Sowjetrepublik unter den Top 5. Anders als in anderen Ländern verzichten Politikerinnen und Politiker dort weitgehend auf Attacken auf Medienschaffende, was kritische Berichterstattung erleichtert“ Finnland belegt den 5. Platz von 180 Ländern.